Diskussion über Alkoholverbot:ÜB will Trinkertreff am Bahnhof trockenlegen

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Die Treppenaufgänge werden nicht nur als Verkehrswege benutzt, sondern auch als Treffpunkt, an dem auch gegessen und getrunken wird. Manche Fahrgäste fühlen sich davon gestört. Der Sicherheitsdienst der Bahn patrouilliert deswegen auch öfter am Bahnhofsvorplatz. (Foto: Niels P. Joergensen)

Die Überparteiliche Bürgergemeinschaft will den Dachauer Bahnhof mit einem Alkoholverbot sauberer und sicherer machen.

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Trinkertreff oder Scherbenpark - es sind nicht gerade Kosenamen, die die Dachauer ihrem Bahnhof gegeben haben. Das will die Stadtratsfraktion der Überparteilichen Bürgergemeinschaft (ÜB) nun ändern. Der Bahnhof soll mit einem Alkoholverbot insbesondere für feiernde Jugendliche und Obdachlose unattraktiv werden. Das schlug die ÜB nun der Stadtverwaltung vor.

Die Fraktion plant, in einer Probephase von einem halben Jahr die Auswirkungen zu testen - mit der Hoffnung, dass ein "erster Schritt hin zu einem positiveren Erscheinungsbild" gelingt, so formuliert es Fraktionsvorsitzender Rainer Rösch im Antragsschreiben. Wer gegen das Verbot verstoße, soll mit einem Platzverweis oder im Wiederholungsfall mit einem Hausverbot für den Bahnhof belegt werden.

"Negative Erfahurngen mit der Stehtrinker-Szene"

Anregung und Vorbild sind die bereits eingeführten Alkoholverbote an den Bahnhöfen in München, Regensburg und Nürnberg. In Regensburg und Nürnberg wurde ein ganztägiges Alkoholverbot verhängt, in München beschränkt sich dieses bislang auf den Zeitraum zwischen 22 und 6 Uhr. Laut Polizei konnte seit Einführung der Maßnahmen ein Rückgang der Straftaten rund um den Bahnhof beobachtet werden.

Die ÜB-Fraktion erklärt in ihrer Anfrage, die Fälle von Raub und Körperverletzung seien zurückgegangen und "negative Erfahrungen mit der Stehtrinker-Szene" im Bahnhofsbereich seltener geworden. Das lässt sich mit den Erfahrungen in München und Nürnberg bereits untermauern, Regensburg steckt aktuell selbst noch in einer Testphase.

Stadt will auf Bahn zugehen

Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) möchte die Anfrage nun prüfen lassen. "Zunächst müssen wir klären, ob und wie sich ein solches Verbot umsetzen lässt", sagt Hartmann. Zentral ist hier die Frage, wer das Hausrecht an den entsprechenden Stellen am Bahnhof besitzt - die Stadt oder die Deutsche Bahn. Hieraus ergebe sich, wer später das entsprechende Personal zur Umsetzung des Verbots stellt und Hausverbote erteilen darf.

"An manchen Bahnhöfen gibt es zum Beispiel eine spezielle Bahnhofspolizei, die auch in eigenen Räumlichkeiten direkt am Bahnhof vor Ort ist", fügt Hartmann an. In München sei das der Fall, die Kompetenzen am Bahnhof entsprechend anders verteilt. In einem ersten Schritt werde die Stadt auf die Bahn zugehen, um die Zuständigkeiten dort zu klären. "Das kann erfahrungsgemäß aber etwas länger dauern", kündigt Florian Hartmann an.

Der Oberbürgermeister sieht den Antrag positiv

Günther Findl, Pressesprecher der Polizeiinspektion Dachau, kann bislang noch keine Einschätzung geben, inwiefern diese an der Umsetzung des Verbots am städtischen Bahnhof beteiligt wäre. Der Pressesprecher erklärt, die entsprechenden Kompetenzen könnten - je nach genauem Beschluss und Verteilung des Hausrechts - bei der Bundespolizei oder dem Sicherheitspersonal der Deutschen Bahn liegen. Platzverweise, die als Sanktion gefordert werden, könne die örtliche Polizei am Dachauer Bahnhof bislang bereits in Einzelfällen erteilen - hier handle es sich aktuell allerdings vor allem um Schwarzfahrer.

"Sind die Rahmenbedingungen geklärt, sehe ich aber keinen Grund, der gegen das Verbot sprechen könnte", äußert sich Oberbürgermeister Hartmann positiv zum Vorschlag der ÜB-Fraktion. Ein Konsumverbot am Bahnhof könnte jenes innerhalb der Bahnen gut ergänzen, sagte der Oberbürgermeister. Seit 2009 dürfen Passagiere im gesamten MVV-Gebiet in den Zügen der S-Bahn keinen Alkohol konsumieren.

Sechsmonatige Testphase im Gespräch

Auch die Anregung, das Verbot zunächst auf eine sechsmonatige Testphase zu beschränken, befürwortet Hartmann. So könne beobachtet werden, ob die Dachauer die gleichen positiven Erfahrungen machen können wie die bayerischen Großstädte an ihren Bahnhöfen. Aufwand und Nutzen des Verbots könnten damit gegeneinander abgewogen werden. Hartmann fügt hinzu: "Wir haben in der Stadt schließlich gute Erfahrungen damit gemacht, neue Vorschläge in einer Testphase einfach mal auszuprobieren - das sehen wir ja an der neuen Münchner Straße." Auch diese verkleinerte die Stadt in einer Testphase von einem Jahr auf drei Streifen, die Umsetzung wurde später weitergeführt.

Heidi Schaitl, Kreisgeschäftsführerin der Caritas, hält ein solches Verbot ebenfalls für sinnvoll. "Der Bahnhof ist ein Ort, an dem die Leute vorbeigehen müssen", sagt sie - unter ihnen viele Kinder und Jugendliche. Öffentliche Treffpunkte seien für alle Bürger wichtig und müssten frei genutzt werden können.

Ein komplettes Alkoholverbot in der Öffentlichkeit befürwortet die Caritas-Kreischefin allerdings nicht. Da sich der städtische Bahnhof im Alltag jedoch zwangsläufig nicht umgehen lasse, sollte er für alle Bürger angenehm gestaltet werden. Aus Sicht des Caritas-Zentrums hält es Schaitl für wichtig, einen zentralen öffentlichen Ort nicht als Ort des Alkoholkonsums zu prägen und ein dementsprechendes Vorbild an Kinder und Jugendliche zu vermitteln.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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