Dienst am Leben:Einfach da sein

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Einer der herausragenden früheren Ärzte am Helios-Amperklinikum Dachau: Gunther Kachel. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wie die Mitarbeiter des Elisabeth-Hospizvereins Schwerkranke und Sterbende auf ihrem letzten Weg begleiten. Sie stehen Patienten bei und klären über den Tod auf. An diesem Donnerstag referiert der ehemalige Chefarzt Gunther Kachel

Von Daniela Gorgs, Dachau

"Bedenkt den eignen Tod, den stirbt man nur; doch mit dem Tod der andern muss man leben." - Die Dichterin Mascha Kaléko beschreibt in einer schnörkellosen und direkten Sprache das Handlungsfeld des Elisabeth-Hospizvereins Dachau. Mit Endlichkeit konfrontiert zu werden, ist schmerzlich in einer Gesellschaft, die das Jetzt und die Jugend feiert. Den Tod möchte man sich lieber vom Leib halten. Wenn man einen Angehörigen verliert, versinkt man in Trauer und wendet sich von seiner Umgebung ab. Und wird einsam.

Als der Dachauer Hospizverein im November 1998 gegründet wurde, war das Sterben tatsächlich noch ein Tabuthema. Fragt man heute Martina Gröschner, Koordinatorin im Elisabeth-Hospizverein, hat sich das geändert. "Die Leute trauen sich mehr, darüber zu sprechen. Jüngere Angehörige finden uns im Internet und holen sich Hilfe. Sie rufen uns an." Nach 19 Jahren im Einsatz für ein würdiges Sterben, ein Leben bis zuletzt, zählt der Verein mittlerweile 42 Hospizbegleiter, unter ihnen fünf Männer. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter begleiten Schwerkranke und Sterbende. Sie stehen bei, besuchen die Menschen in ihrer letzten Lebensphase dort, wo diese leben, also zu Hause oder auch im Alten- und Pflegeheim. Ihre Hilfe ist eine praktische: vorlesen, am Bett sitzen und den Arm auf die Schulter legen. "Einfach da sein", umschreibt es Martina Gröschner mit wenigen Worten. Manchmal wird der Verein von Pflegekräften angerufen. Wenn Angehörige tagelang am Sterbebett sitzen und nicht mehr können, ist es eine große Unterstützung, wenn ein Hospizbegleiter kommt und sie kurz ablöst. Zum Kraft schöpfen.

Der Begriff "Hospiz" steht für ein bestimmtes Konzept medizinischer, pflegerischer und spiritueller Fürsorge, eine bestimmte Einstellung zum Tod und zum Sterbenden. Sterben wird als Teil des Lebens betrachtet. Ziel der Hospizidee ist es, mit der Krankheit so umzugehen, dass die Patienten bis zu ihrem Tode so angenehm wie möglich leben können, umsorgt von Familie und Freunden. Fünf Jahre lang war Martina Gröschner, ausgebildete Krankenschwester, selbst im Einsatz als Hospizhelferin, bevor sie die Stelle als Koordinatorin des Vereins übernahm. Sie sagt: "Ich habe in dieser Zeit sehr viel über mich selbst erfahren." Sicher, man brauche den Mut, sich Begegnungen zu stellen und diese auszuhalten.

Zu den wichtigsten Kooperationspartnern des Elisabeth-Hospizvereins gehören das Palliativteam Dachau, das Franziskuswerk Schönbrunn sowie zahlreiche Pflegeheime im Landkreis Dachau. Der Hospizverein ist jetzt eine feste Größe im Versorgungsnetz. Ein weiterer Grund, weshalb man die Organisation auch im kleinsten Winkel des Landkreises kennt, ist die Person Gunther Kachel. Den langjährigen Chefarzt am Amperklinikum Dachau konnte der Verein im vergangenen März als Stellvertreter gewinnen. Ein ehemaliger Chefarzt als Vermittler und Sprachrohr - "das ist eine andere Gewichtung", sagt Martina Gröschner.

Eine weitere Aufgabe des Hospizvereins ist es, in Seminaren und Vortragsveranstaltungen die Fragen um Sterben, Tod und Trauer aufzugreifen. Deswegen hält Gunther Kachel am Donnerstag, 11. Mai, den Vortrag "Gehen und Begleiten". Schwerpunkte seines Referates sind die palliativen und hospizlichen Formen der Versorgung am Lebensende. Was passiert am Lebensende? Was erziele ich mit einer Patientenverfügung? Wie kann ich die Behandlung im Voraus planen? Oder wie kann ich bei einer lebensbegrenzenden Krankheit meine verbleibende Zeit so gestalten, dass sie noch möglichst viel Lebensqualität beinhaltet? Das sind Diskussionspunkte, die Jung und Alt betreffen, Angehörige ebenso wie Betroffene.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit der Volkshochschule Dachau. Anmeldungen sind dort noch kurzfristig möglich. Interessierte können auch einfach vorbeikommen. Beginn im Haus der Erwachsenenbildung, Dr.-Engert-Straße 4, Raum Nr. 11, ist um 18.30 Uhr.

© SZ vom 10.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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