Demokratie erfahren:Lernen, wie man Politik macht

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Im Landkreis Dachau soll ein Jugendkreistag eingerichtet werden. Jugendliche ab der siebten Klasse treffen sich zweimal pro Schuljahr, um über kommunalpolitische Themen zu sprechen. Sie können Empfehlungen abgeben. An Sitzungstagen haben die Abgeordneten schulfrei

Von Robert Stocker, Dachau

Junge Leute an die Kommunalpolitik heranführen und ihnen politische Prozesse verständlich machen - das ist das Ziel des Jugendkreistags, der im kommenden Schuljahr seine Arbeit aufnimmt. Das Statut für das junge politische Gremium arbeitete eine Projektgruppe aus, der Landrat Stefan Löwl (CSU), Vertreter der Verwaltung und Mitglieder der Kreistagsfraktionen angehörten. Demnach besteht der Jugendkreistag aus 70 Jugendkreisrätinnen und Jugendkreisräten, von denen 66 aus den weiterführenden Schulen und vier aus den Jugendverbänden des Landkreises kommen. Das Gremium kann freilich keine verbindliche Politik für den Landkreis machen. Seine Beschlüsse sind lediglich Empfehlungen, über welche die zuständigen Kreisgremien entscheiden werden.

Das Statut für den Dachauer Jugendkreistag orientiert sich an einem Modell, wie es etwa im Landkreis Freising besteht. Eine wesentliche Voraussetzung ist die Bereitschaft der Schulen, den Jugendkreistag mitzutragen. Bei einer Veranstaltung mit Rektoren und Verbindungslehrern bekundeten die Schulen großes Interesse an einem praxisnahen Projekt der politischen Bildung. Die Schulen wählen die Mitglieder des Gremiums nach demokratischen Regeln. Mindestens zwei Jugendkreisrätinnen und Jugendkreisräte kommen aus einer Schule; die restlichen Sitze werden im Verhältnis der Schülerzahlen nach dem Verfahren Hare-Niemeyer verteilt. Vier Mitglieder entsenden die Jugendverbände auf Vorschlag der Vollversammlung des Kreisjugendrings. Dabei darf ein Verband maximal einen Delegierten stellen. Die Mitglieder des Jugendkreistags werden für zwei Jahre gewählt. Das Gremium tagt mindestens zweimal pro Schuljahr; die öffentlichen Sitzungen finden vormittags statt. Für die Mitglieder, die aus den Schulen kommen, eine erfreuliche Nachricht: Sie haben an den Sitzungstagen keinen Unterricht. Die Delegierten müssen bei Beginn ihrer Amtsperiode mindestens die 7. Klasse besuchen und dürfen das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Eine weitere Voraussetzung: Sie dürfen dem Kreistag nicht angehören. Der Landrat leitet die Sitzungen des Jugendgremiums.

Grundsätzlich kann der Jugendkreistag frei seine Themen wählen. Doch die jungen Leute sollen lernen, was der Unterschied zwischen Kommunal- und Landes- oder Bundespolitik ist. Beschlüsse kann das Gremium mit einfacher Mehrheit nur zu Themen fassen, für die der Landkreis zuständig ist. Die Beschlüsse sind aber nur Empfehlungen, die als Antrag in die Kreisgremien eingebracht werden. Ein Mitglied des Jugendkreistags erhält dabei Rederecht. Zu Themen, für die der Landkreis nicht zuständig ist, kann das Gremium mit zwei Drittel Mehrheit einen Appell beschließen. Er muss an die richtige Stelle gerichtet werden und wird von der Landkreisverwaltung weitergeleitet - etwa wenn es um Themen auf Landes- oder Bundesebene geht. Appelle an andere Stellen oder reine Meinungsäußerungen sind unzulässig. Der Jugendkreistag hat ein jährliches Budget von 5000 Euro. Darüber hinaus beschloss der Kreisausschuss, weitere 5000 Euro für die Organisation des Gremiums zur Verfügung zu stellen. Auf Antrag werden den Mitgliedern die Fahrtkosten erstattet, die in den Fahrtkosten für den Schulweg nicht enthalten sind.

"Wir wollen junge Leute an die Politik heranführen", erklärte Landrat Stefan Löwl im Kreisausschuss. CSU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Offenbeck warnte allerdings vor der Gefahr, dass die Jugendlichen zu hohe Erwartungen haben und dadurch frustriert werden könnten. Sie müssten lernen, wo sie mitreden können und wo nicht. Offenbeck warb deshalb dafür, bei einer Einführungsveranstaltung noch einmal die Rahmenbedingungen vorzustellen. "Die Jugendlichen sollten nicht das Gefühl bekommen, dass sie überhaupt nichts bestimmen können", so Offenbeck. Es sei klar, dass sie hier nicht über den Weltfrieden befinden könnten, stellte Löwl fest. Sebastian Leiß (Freie Wähler Dachau) plädierte dafür, den jungen Leuten "Vorschusslorbeeren" zu geben. Der Jugendkreistag sei ein gutes Mittel für den Einstieg in die Politik. Er selbst sei über den Dachauer Jugendrat in die Politik gekommen. Bisher gebe es im Kreistag und im Stadtrat zu wenige junge Leute. "Es wäre schön, wenn durch den Jugendkreistag viele junge Leute zur Kommunalpolitik kommen."

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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