Dauerregen:Die Stimmung ist am Kippen

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Noch sieht Bauernsprecher Anton Kreitmair die Chance, dass trotz des Dauerregens die Landwirtschaft keine Einbußen erleidet. Und noch hoffen Erdbeerbauern, Biergärtenbetreiber oder Eiscafé-Besitzer, dass der Juli und August den Sommer in den Landkreis bringen

Von Tobias Roeske und Petra Schafflik, Dachau

Es hört nicht auf zu regnen. Jetzt warnt das staatliche Wasserwirtschaftsamt vor Hochwasser an Amper und Glonn. Die Folgen für die Landwirtschaft und sämtliche wirtschaftlichen Bereiche, die von den Sommermonaten profitieren, sind noch nicht absehbar. Die Schwimmbäder und Biergärten bleiben leer. Erdbeerbauern werden zum Beispiel ihre Früchte nicht los. Dabei schmecken sie herausragend. Was den Verbrauchern anscheinend fehlt, ist "das Sommer-Feeling", wie Erdbeerbäuerin Susanne Offenbeck vermutet. Das Wörtchen noch spielt eine große Rolle. Denn noch hoffen alle auf den Sommer.

Die Landwirtschaft

"Bisher ist das Ganze noch nicht schlimm. Aber wenn es weiterhin so viel regnet, kann das ernstere Konsequenzen nach sich ziehen," sagt Anton Kreitmair (CSU) aus Kleinberghofen, Bezirkspräsident vom Bauernverband Oberbayern. Er ergänzt: "Eigentlich ist der Regen gut. Nur ist es langsam zu viel." Denn wegen des hohen Niederschlags wächst das Infektionsrisiko der Nutzpflanzen: "Die Kartoffeln befinden sich gerade im Massenwachstum. Sprich, ihr Blätterwachstum ist gerade am höchsten Punkt." Wenn der Regen in den kommenden Wochen nicht nachlässt, könnten Pilzinfektionen die Ernte zerstören. Dazu kommen noch die kühlen Temperaturen: "Durch die Kälte hat beispielsweise der Mais einen Wachstumsrückstand von zehn Tagen." Ist deswegen mit hohen finanziellen Einbußen zurechnen? "Der Landkreis Dachau kommt ja vergleichsweise gut weg", sagt Kreitmair. Es gebe Regionen, die deutlich mehr leiden.

Erdbeeren

Trotz des Dauerregens reifen die Erdbeeren im Beerengarten der Familie Offenbeck in Karlsfeld gut heran. "Die Früchte sind groß, wegen des vielen Regens. Und sie schmecken aromatisch und süß - nicht wässrig. Wir sind selbst überrascht", sagt Susanne Offenbeck. Dennoch schaut die Erdbeer-Bäuerin sorgenvoll zum Himmel. "Es fehlt das Sommer-Feeling." Ohne Sonne haben die Leute keine Lust aufs Erdbeer-Pflücken. Die Erzeuger bleiben auf ihren Früchten sitzen. "Was nicht gepflückt wird, geht kaputt." Den Kollegen, die Erdbeeren für den Handel produzieren, gehe es nicht recht viel besser. Die roten Früchte bleiben im Laden liegen, weil die Kunden weniger kaufen als bei schönem Wetter. Nach 14 Tagen Dauerregen gibt es schon finanzielle Einbußen, die nicht mehr reinzuholen sind. Auch wenn die Erdbeer-Saison bis Mitte Juli gehen könnte. Offenbeck hofft auf ihre späten Sorten, die jetzt - noch - grün an den Stauden hängen. Und auf einen Wetterumschwung. Sommerhitze muss es gar nicht sein. "Ein blauer Himmel würde uns schon reichen." Die Saison ist also noch nicht verloren.

Die Stadtgärtnerei

Die Wiesen sind saftig grün, die Blumen blühen und wenn man die Martin-Huber-Treppe hinunter geht, ist es als würde man durch einen Dschungelkorridor wandern. "In der Tat, durch den vielen Regen wachsen die Pflanzen ungemein", sagt der Leiter der Abteilung Stadtgrün und Umwelt von der Stadt Dachau, Stefan Tischer. "Normalerweise haben wir zwei Mitarbeiter, die die Pflanzen bewässern. In besonders trockenen Jahren sind es drei. Heuer brauchen wir dafür nur einen." Trotzdem, die Stadtgärtnerei hat genug zu tun: Statt Blumen zu gießen, müssen sie die wuchernden Wiesen mähen sowie Bäume und Büsche zuschneiden.

Das beliebte Freibad in der Kreisstadt bleibt leer, auch weil das städtische Bad sehr viele Stammgäste hat, die jeden Tag kommen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Eisdiele

Schokolade, Pistazie oder doch lieber Stracciatella? Lust auf Eis haben die Dachauer nur, wenn die Sonne scheint. "Eine Wolke reicht schon, dann ist es vorbei", sagt Roberto Pra Floriani, der am Karlsberg Dachaus älteste Eisdiele Venezia betreibt. Diese Saison war bisher alles andere als gut, oft steht er alleine im Café. "Die paar schönen Tage lassen sich an einer Hand abzählen." Ein wenig Hoffnung setzt er noch auf Juli und August, "aber nach dem Dachauer Volksfest Mitte August wird es schon wieder kühler." Die Wetterkapriolen wundern Floriani nicht. Er stammt aus dem Val Zoldana, dem Tal der Eismacher in den Dolomiten. "Bei uns zu Hause haben wir heuer keinen richtigen Winter gehabt, jetzt gibt es keinen Sommer, die Jahreszeiten verschieben sich."

Bäder

Auch wenn die Sonne gelegentlich für fünf Minuten scheint: Echtes Badewetter hat der Sommer bisher nicht zu bieten. Die Seen bleiben unberührte Naturparadiese, die Schwimmbäder leer. Das Naturbad in Vierkirchen sperrt bei schlechtem Wetter nicht auf, sagt Bürgermeister Harald Dirlenbach. Das vereinsgeführte Bad in Ainhofen öffnet bei trockenem, aber kühlem Wetter nur für Schwimmer mit Jahreskarte. "Ohne Aufsicht, wir versuchen die Kosten niedrig zu halten", so Johann Reif vom Trägerverein. Im Dachauer Familienbad gibt es eine Schlechtwetter-Regelung, solange das Hallenbad geöffnet ist. Das Freibad bleibt zu an Tagen mit Dauerregen oder Temperaturen unter 15 Grad. Kriterien, die heuer nicht greifen: "Meist hat es um die 20 Grad und es schüttet, aber immer nur kurz", sagt Barbara Kern, die bei den Stadtwerken die Bäder organisiert. Also war das Freibad meist geöffnet. "Wir haben Stammgäste, die kommen täglich, auch bei strömendem Regen." Ob aber das geplante Open-Air-Konzert Pool-Pop am 2. Juli stattfindet, entscheidet sich kurzfristig. "Ersatztermin gibt es keinen." Am Samstag, 16. Juli, steigt im Ainhofener Bad die traditionelle Caribic Night, "da ist immer schönes Wetter", erklärt Johann Reif bestimmt. Noch ist er optimistisch: "Der Sommer kommt immer."

Die Biergärten

"Wir haben keine Gäste. Der Biergarten bleibt leer", ärgert sich Bernhard Öttl von der Schlosswirtschaft Mariabrunn. "Bei der momentanen Wetterlage haben die Leute schlichtweg keine Lust auf einen Biergartenbesuch."Auch die vielen Ausflügler, die eine Radtour nach Mariabrunn machen, fallen zurzeit weg. Auch dem Betreiber des griechischen Restaurants Zorbas in Dachau, Grigorios Dimitrios, macht das Wetter zu schaffen: "Mein Biergarten ist ja zum größten Teil überdacht. Aber die Temperaturen fallen abends teilweise in den einstelligen Bereich, da setzt sich niemand raus." Selbst das Public Viewing, das das Lokal zur Fußball Europameisterschaft 2016 anbietet, bringt nicht den gewünschten Erfolg. "Eigentlich haben wir bei Deutschlandspielen mit 350 bis 400 Gästen gerechnet." Die Europameisterschaft hat ja gerade erst begonnen. Deshalb: Noch, sagt er, hat er ein wenig Zeit.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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