Dachauer Gastronomie:Wenn ein Job nicht reicht

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Laut Gewerkschaft müssen immer mehr Menschen dazuverdienen

Etwa 8400 Menschen im Landkreis Dachau haben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zufolge neben ihrer regulären Stelle noch einen Minijob. Damit stieg die Zahl der Zweitjobber innerhalb von zehn Jahren um 53 Prozent. Die NGG München beruft sich hierbei auf neue Zahlen der Arbeitsagentur. Danach sind Zusatzjobs in Restaurants, Gaststätten und Hotels im Kreis Dachau besonders verbreitet. In der Branche gab es im Juni 2019 knapp 1000 Zweitjobber - das sind 47 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.

Gewerkschafter Tim Lünnemann spricht von einer Schieflage auf dem Arbeitsmarkt: "Im Schatten des Booms der vergangenen Jahre sind viele sozialversicherungspflichtige Stellen entstanden, die oft kaum zum Leben reichen." Nebenjobs müssten dann die Haushaltskasse aufbessern. "Aber wer auf einen Zweitjob angewiesen ist, der arbeitet meist am Limit - auf Kosten von Familie, Freunden und Freizeit", so der NGG-Geschäftsführer.

Dabei treffe der Boom bei den Nebenjobs langfristig auch die heimische Wirtschaft. "Gastronomen und Bäckermeister, die über den Fachkräftemangel klagen, aber gleichzeitig auf 450-Euro-Kräfte setzen, schneiden sich ins eigene Fleisch. Minijobber können keine Hotelfachleute ersetzen", betont Lünnemann. Doch Fachkräfte gewinne man nur mit ordentlichen Löhnen - "so hoch, dass die Beschäftigten keinen Zweitjob mehr brauchen". Außerdem müssten sich die Arbeitgeber stärker um den Nachwuchs kümmern und attraktive Lohn- und Ausbildungsbedingungen schaffen. Die NGG sieht aber auch die Politik in der Verantwortung. Die Zunahme der Zweitjobs sei auch das Ergebnis einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik der Nullerjahre. "Mit einer Reform könnte die Bundesregierung Minijobs voll in die Sozialversicherung einbeziehen. Allerdings sollten die Arbeitgeber den größten Teil der Beiträge zahlen", so Lünnemann.

© SZ vom 28.02.2020 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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