Dachauer Forum:"Keine Zeit für Richtungsdebatten"

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"Der Traum vom Siegeszug der Demokratie ist geplatzt", sagt Alois Glück im Adolf-Hölzel-Saal. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der ehemalige Landtagspräsident Alois Glück mahnt die CSU-Spitze zur Geschlossenheit im Wahlkampf

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Alois Glück findet im Dachauer Adolf-Hölzel-Haus klare Worte - und das kommt an. "Unsere heutige Art zu leben, ist nicht zukunftsfähig", sagt der CSU-Politiker und ehemalige Landtagspräsident dem Publikum. Der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt, die Zuschauer nicken, lachen, notieren Zitate und schießen Fotos von Glück, einem konservativen Urgestein.

Das Dachauer Forum hat Glück eingeladen, um über gesellschaftliche Werte und Herausforderungen in der heutigen Zeit zu sprechen. In der anschließenden Diskussion erhält Alois Glück fast ausschließlich zustimmende Wortmeldungen. Er hat in seiner Ansprache mit deutlichen Aussagen den Nerv der Zuhörer getroffen.

Glück sagt: "Der Traum vom Siegeszug der Demokratie ist geplatzt." Überhaupt sei die Vorstellung, dass sich Demokratie nach "unserem Vorbild" in der ganzen Welt ausbreiten müsse, von Anfang an eine überhebliche gewesen. Für ihn sei es "kultureller Übermut" zu denken, dass sich alle anderen Länder und Kulturen nach uns zu richten hätten. Freiheit sei mit Verantwortung verbunden, das gerate häufig in Vergessenheit. Vor allem viele Konservative würden diesen Zusammenhang heutzutage verdrängen, an die nächste Generation werde nicht gedacht. Dabei sei das doch die Essenz konservativen Denkens. Hier schweift Glücks Blick in die erste Reihe, in der Landrat Stefan Löwl und Bezirkstagspräsident Josef Mederer, beide Vertreter der CSU, sitzen.

Glück spricht das Thema Migration an: "Viele haben noch heute nicht verstanden, dass der große Strom an Flüchtlingen das Zeichen ist, dass wir in einer neuen Phase der Globalisierung und Vernetzung stecken." Das Internet mache es möglich, dass Menschen in anderen Staaten sehen könnten, wie ungleich Wirtschaftsabkommen weltweit geschlossen werden.

Nach seiner Rede will man von Glück wissen, wie er den aktuellen Kurs der CSU-Spitze im Wahlkampf sieht? Was hält er davon, wenn Innenminister Horst Seehofer von der Migration als "Mutter aller Probleme" spricht? Das möchte Alois Glück nicht kommentieren, denn "das hilft momentan nicht weiter". Der Wahlkampf sei für ihn "keine Zeit für Richtungsdebatten". Aus seiner Sicht sei es aber wichtig, dass nach der Wahl ein offener, intensiver Diskurs über den Weg der Partei entstünde. Die CSU brauche keine Neuausrichtung, das alte Spannungsverhältnis von christlich-konservativen und liberalen Werten bleibe auch in Zukunft wichtig. Streitigkeiten und Machtkämpfe innerhalb der CSU und mit der Schwesterpartei CDU führten hingegen ins Leere.

Trotzdem gelte auch für die CSU der Leitsatz, den Glück in seiner Rede anspricht: Man befände sich in "einer Phase notwendiger geistiger Auseinandersetzung". Dabei brauche es eine grundsätzliche Orientierung: Gegenseitiger Respekt müsse im Vordergrund stehen, die zu beobachtende "Verrohung der Sprache" lasse sich mit christlichen Werten nicht vereinbaren. Dabei wären diese heute besonders wichtig, sie können das Orientierungsbedürfnis der Gesellschaft befriedigen.

Damit Veränderung aber überhaupt gelingen kann, müssten die Menschen verstehen, was hinter den Unsicherheiten der heutigen Zeit stecke. Eine transparente Kommunikation der Verantwortlichen sei entscheidend. Wer Verantwortung übernähme, müsse sich Sachkompetenz aneignen und begründen, wie und warum etwas erreicht werden soll. Glück warnt: Sonst entstünden Verschwörungstheorien oder Sündenbock-Szenarien im Stil von "Merkel ist an allem schuld".

Seitdem er selbst sich vor zehn Jahren aus dem aktiven Politikbetrieb verabschiedet hat, hat sich die Welt verändert. Glück sagt: "Noch nie haben Ängste eine so große Rolle in Politik und Gesellschaft gespielt." Eine der wichtigsten Aufgaben der Kommunalpolitik sei es deswegen, alles zu stützen und zu fördern, was Menschen zusammenbringt. Gerade auch das Engagement ehrenamtlicher Organisationen, ihnen spricht er eine besondere Bedeutung zu.

Selbst aktiv Politik zu machen, vermisst er aber trotzdem nicht. Glück sagt: "Ich habe lange genug mitgemischt."

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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