Ehrenamtliche auf Streife:Zweifel am Nutzen einer Sicherheitswacht

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Die Polizei und die meisten Stadträte haben Bedenken gegenüber einem Vorschlag der Überparteilichen Bürgergemeinschaft Dachau.

Von Petra Schafflik, Dachau

In dunkelblauen Blousonjacken mit dem Aufdruck "Sicherheitswacht" sind ehrenamtliche Kräfte bereits in 124 bayerischen Gemeinden als freiwillige Helfer der Polizei unterwegs. Weil sich die ÜB-Fraktion auch für Dachau einen solchen Dienst wünscht, war Thomas Rauscher, Leiter der Dachauer Polizeiinspektion, zu einem Fachvortrag in den Stadtrat eingeladen. Der Polizeichef informierte über Aufgaben, Einsatzmöglichkeiten und Befugnisse einer Sicherheitswacht. Über die praktischen Erfahrungen mit diesem ehrenamtlichen Dienst berichtete Michael Ertl, der als stellvertretender Leiter der Freisinger Polizeiinspektion bereits seit 2010 eine Sicherheitswacht koordiniert. Doch Rauscher räumte gleich eingangs ein: "Alle Bürger, die mich in letzter Zeit auf das Thema Sicherheitswacht angesprochen haben, waren eher sehr skeptisch."

Mit Funkgerät und Pfefferspray würden die Bürger auf Streife gehen

Was leistet eine Sicherheitswacht, wo sind Chancen und Grenzen? Sollten sich Stadtrat und Polizeiinspektion gemeinsam für so einen Dienst aussprechen, "könnten sich Bürger aus dem gesamten Landkreis melden", erläuterte Rauscher. Die Polizei übernehme die verpflichtende 40-stündige Schulung, lege Einsätze fest und betreue die Ehrenamtlichen, so Rauscher. Die Kräfte der Sicherheitswacht würden ausgerüstet mit Funkgerät und Pfefferspray auf Streife gehen, dürften ertappte Straftäter wie jeder Bürger bis zum Eintreffen der Polizei festhalten, zusätzlich Personalien feststellen und Platzverweise erteilen. Und zwar nicht nur in der Stadt, sondern auch im Landkreis, die Einsätze koordiniere die Polizei. Damit die Helfer ihre Aufgabe verantwortungsvoll wahrnehmen, sei die richtige Personalauswahl entscheidend. Für unabdingbar hält Rauscher "Fingerspitzengefühl und einen guten Ruf". Zu den Kernaufgaben der Polizei-Helfer gehört die Bekämpfung von Zerstörungswut und Straßenkriminalität durch ihre Präsenz. Das Sicherheitsgefühl der Bürger könne durch Streifengänge steigen. Jedoch stünde die Sicherheitswacht, da ehrenamtlich besetzt, nur bei freier Kapazität zur Verfügung. Auch betonte Rauscher ausdrücklich, dass die Sicherheitslage im Landkreis gut, die Kriminalitätsrate im Landesvergleich unterdurchschnittlich ist. In Freising hatte sich eine im Jahr 2000 gegründete Sicherheitswacht rasch "totgelaufen", berichtete der stellvertretende PI-Chef Ertl. Auch nach einem Neustart 2010 mit sechs Kräften sei der Elan "inzwischen abgeflacht", würden fünf Leute noch zwei bis vier Stunden im Monat leisten.

Die meisten Stadträte sind skeptisch

Kritische Nachfragen ließen erkennen, dass die meisten Stadträte eine Sicherheitswacht für Dachau skeptisch sehen. "Große Bedenken" meldete Gertrud Schmidt-Podolksy (CSU) an. Gerade rechte Kräfte könnten sich aufgerufen fühlen, "um unter dem Deckmäntelchen der Sicherheitswacht" zu agieren. Nach den Erfahrungen von Freising seien die Einsatzzeiten "lächerlich gering", sagte Günter Heinritz (SPD). Die Betreuung der Ehrenamtlichen binde Ressourcen bei der Polizei, warnte Anke Drexler (SPD). Die ÜB ziele mit ihrem Antrag auf Aufgaben, für die der Polizei das Personal fehle, sagte Ingrid Sedlbauer (ÜB). "Es geht um Ordnung und Sauberkeit auf Spielplätzen, in Grünanlagen, am Bahnhof oder Stadtweiher." Eine Sicherheitswacht sei dafür nicht unbedingt das richtige Mittel, sagte der Polizeichef. Sinnvoll könnte ein kommunaler Ordnungsdienst sein, den die Stadt mit Teilzeitkräften betreibe. "Diese Mitarbeiter könnten eingesetzt werden, wann und wo man sie braucht." Nach dem Stimmungsbild im Stadtrat wird es eine Sicherheitswacht in Dachau wohl vorläufig nicht geben.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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