Kürzlich auf der Vernissage des Malers Markus Lüpertz war auch die Jazz-Legende Manfred Schoof dabei. Der Trompeter hat die Musikrichtung der vergangenen vier Jahrzehnte in Deutschland geprägt und ist Mitglied des Lüpertz-Ensembles TTT mit dem Künstler am Klavier. Sie spielen Free Jazz. Normalerweise, erzählte Trompeter Schoof nach dem Konzert beim Essen im Kochwirt, leeren sie die Galerien und Ausstellungsräume deutschlandweit in kurzer Zeit. In Kolbermoor beispielsweise seien am Ende nurmehr zehn Zuhörer geblieben. "Aber in Dachau ist niemand gegangen", wunderte er sich.
Nun, ein paar hatten wegen der sich gegenseitig in ekstatische Höhen treibenden Musiker - unter ihnen noch Granden des Jazz wie Georg Dudek am Saxofon - führzeitig aus dem Untergeschoss des Kaufhauses Rübsamen verabschiedet. Die Erklärung für Schoof lautet: Viele der Vernissagegäste sieht man in Dachau regelmäßig bei den Konzerten des Jazz e.V. Sie sind solche Töne, treibenden Bässe, sich frei entwickelnden Improvisationen, einschließlich der Fähigkeit der spontanen Kommunikation der Musiker gewohnt.
Der richtige Mann
Am Samstag, 17. Oktober, eröffnet der Saxofonist Ken Vandermark den Internationalen Jazzherbst in der Kulturschranne. Und damit ein Musiker, der für die Programmwahl und auch das Image des Jazzvereins aus Dachau prägend war und ist. Er ist der richtige Mann für das 15. Jubiläum, das der Verein feiert. Es ist beeindruckend, wer seitdem dem Jahr 2000 in Dachau gastierte: Brötzmann, das Zentralquartett, der Schlagzeuger Paul Motian, die Pianistin Carla Bley, der Pianist Cedar Walton und viele mehr - insgesamt fast 150 Konzerte, manchmal schnitt der Bayerische Rundfunk mit, manchmal reisten die Zuhörer aus ganz Süddeutschland an. Und zu hören gab es alles: klassisch besetzte Jazzensembles mit Bläsern, Bass und Schlagzeug. Eine Band wie Steamboat Switzerland, die ihre Hammond Orgel nicht ins Café Teufelhart bekam und stattdessen mit Klavier, Synthesizer, Bass und Schlagzeug einen brachialen Instrumentalpunk abspulte. Die stilistisch zutiefst europäisch verwurzelte Verfremdungskunst des Zentralquartetts. Man erlebte grandiose spontane Interaktion, Bands, die sich in verkopften Kompositionen verhedderten, stille Solorecitals, die bigbandartige Wucht des Brötzmann Chicago Tentets, mehrere hinreißende Konzerte des Klangfarbengitarristen Elliott Sharp, dessen Live-Mitschnitt "Concert in Dachau" 2008 auf die Bestenliste des Preises der deutschen Schallplattenkritik gesetzt wurde.
Jetzt also Ken Vandermark. Er zählt den Jazz e.V. und dessen Bühne zu den liebsten Orten, an denen er in Europa spielt. Über sein neues Ensemble Made to Break schreibt der Jazzverein: "Diese Band assimiliert alles, was es derzeit an aktueller Musik in Jazz, Funk, Soul, aber auch in elektronischer und Neuer Musik zu hören gibt.
Eine weitere "Super Group"
Auch Steamboat Switzerland sind in Dachau bekannt und haben mit ihrem Jazz-Punk begeistert. Über die deutsche Gruppe Field schreibt das Jazzpodium: Field ist eine der viel versprechendsten Formationen der Berliner Jazzszene der letzten Jahre, also nichts weniger als eine (weitere) Super Group der Berliner Jazzszene."
Und dann kommt noch Jemeel Moondoc; damit ein Musiker in der Tradition eines Ornette Coleman und Cecil Taylor. Damit ein Musiker, der noch zu den US-amerikanischen Jazzern gehört, die in den sechziger und siebziger Jahren den damaligen Freiheitsbewegungen künstlerischen Ausdruck verliehen.
Dachauer Kulturschranne, Pfarrstraße 13, Dachau, Internationaler Jazzherbstkonzerte 2015: Ken Vandermark mit Made to Break (Samstag, 17. Oktober, 20 Uhr), Steamboat Switzerland (Freitag, 30. Oktober, 20 Uhr), Field (Samstag, 14. November, 20 Uhr) und Jemeel Moondoc Quartet (Samstag, 28. November), weitere Informationen, Karten im Vorverkauf und Reservierungen: www.jazzev.de.