Dachau:Zeigst du mir, zeig ich dir

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Ausweiskontrolle auf einer Geburtstagsfeier eskaliert. Gericht stellt das Verfahren gegen drei Studenten ein

Von Anna Schultes, Dachau

Am Ende bleibt von den Vorwürfen gegen die drei Angeklagten vor dem Dachauer Amtsgericht nicht viel übrig. Doch eines gibt Richter Lukas Neubeck ihnen noch mit auf den Weg: "Man hätte anders reagieren können." Anders reagieren hätte in diesem Fall schlicht bedeutet, zwei Polizisten den Personalausweis zu zeigen. Doch anstatt sich auszuweisen, hatten die Angeklagten den Spieß einfach umgedreht und stattdessen die Beamten aufgefordert, sich auszuweisen. Da sie sich den Ermittlern gegenüber aggressiv verhalten haben sollen, mussten sich die drei Münchner Studenten nun vor dem Amtsgericht Dachau verantworten.

In einer Nacht im vergangenen April hatten zwei der Angeklagten auf einem großen Gartengrundstück in Bergkirchen gemeinsam ihren Geburtstag gefeiert. Die ausgelassene Stimmung der etwa 30 Partygäste änderte sich schlagartig, als gegen drei Uhr nachts zwei Polizisten auf das Gelände kamen. Ein Nachbar hatte sich wegen des Lärms beschwert. Die Beamten machten einen der Gastgeber in einer Hütte im Bereich des Gartens aus. Laut Anklage verlief die Situation dann folgendermaßen: Der heute 23-Jährige wurde aufgefordert, seinen Personalausweis vorzulegen. Er weigerte sich, schubste einen Polizisten beiseite und flüchtete. Bei einer späteren Festnahme soll er um sich geschlagen haben, sodass der Beamte sich an der Schulter verletzte und seine Kollegin eine Blutblase am Daumen davontrug.

Doch die Version des Angeklagten ist eine ganz andere. Seine Anwältin erklärte vor Gericht, dass das Erscheinen der Polizisten für ihren Mandanten überraschend gewesen sei. Sie seien auf einmal mitten im Raum gestanden. "Er hat sie gebeten, sich auszuweisen. Das haben die Beamten nicht gemacht." Das Beharren auf das Vorzeigen der Dienstausweise erklärte der 23-Jährige mit dem Gefühl, dass er das Verhalten der Polizisten nicht als rechtmäßig empfunden habe. "Sie haben das Grundstück einfach betreten." Zudem sei es in der Hütte dunkel gewesen und sie hätten keine Mütze getragen. Der Angeklagte räumte ein, dass er sich bei der späteren Festnahme gesträubt habe. Denn: "Ich habe die Situation nicht verstanden und wusste nicht, was mit mir passiert."

Was im Einzelnen in der Nacht vor sich ging, daran konnte sich auch die Polizistin nicht erinnern, die vor Gericht als einzige Zeugin auftrat. Sie sagte aus, dass den Beamten der Geruch von Marihuana aufgefallen sei, als sie die Hütte betraten. Der Gastgeber und eine weitere Person hätten hektisch etwas von der Theke gewischt. Als die Polizisten ihn ansprachen, habe er die Dienstausweise gefordert. Da sich immer mehr neugierige Partygäste in der Hütte einfanden, fühlten sich die Polizisten zunehmend bedrängt und verließen das Gartenhaus. Da der 23-Jährige auch später seine Personalien nicht bekanntgeben wollte, sei er außerhalb des Grundstücks mit Handfesseln fixiert worden.

Die beiden anderen Angeklagten konnte die Polizistin nicht mehr identifizieren. Einer von ihnen soll während der Diskussion um die Ausweise aggressiv geworden sein. Der mittlerweile 24-Jährige bestritt das, gab aber zu, den Beamten an der Schulter berührt zu haben. "Das war unüberlegt." Auch der dritte Angeklagte gab an, sich nicht bedrohlich verhalten zu haben. Er habe ebenfalls nur nach dem Ausweis gefragt und die Beamten freundlich gebeten, das Grundstück zu verlassen. Letztlich wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt. Seine zwei Freunde müssen vorher noch 600 beziehungsweise 300 Euro an die Malteser und die Caritas überweisen. Und der Gastgeber, der die Diskussion um die Dienstausweise ausgelöst hatte, sah ein: "Hätte ich lieber gleich meinen Ausweis gezeigt."

© SZ vom 02.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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