Dachau:Zauberhaft leicht

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Diana Sus ist Leadsängerin und hat der Band ihren Namen gegeben. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Plötzlich fängt Diana Sus an zu singen. Leicht, elfenhaft, kraftvoll. Es ist nur der Soundcheck, noch beginnt das Konzert nicht offiziell. Es gab Probleme mit der Technik, deshalb verschiebt sich alles ein wenig nach hinten. Egal, Sus singt. Ohne Schlagzeug, ohne Bass, ohne Begleitung. Die nackte Stimme. Sie bringt auf der Stelle den ganzen Raum zum Verstummen. Köpfe drehen sich Richtung Bühne, Blicke werden gehoben. Wow, was für ein Klang.

Als es ein wenig später losgeht, stehen sechs Frauen auf der Bühne, die jüngste 16, die älteste 31. Sus Dungo heißt die Gruppe aus der lettischen Hauptstadt Riga, die der Tollhausverein in die Kulturschranne geholt hat. Dachau ist die sechste Station auf ihrer Deutschlandtour. Sie werden "lettische Indiepop-Feen" genannt, die einheimische Presse spricht von den "jungen Frauen mit den Blumen in den Haaren und den grünen Herzen". Das trifft es vielleicht am ehesten: Auf der Bühne der Kulturschranne wirken Sus Dungo vor allem verträumt und ein wenig schüchtern, auf sympathische Art zurückhaltend. Keine mag es besonders, allein im Rampenlicht zu stehen. Die Moderationen fallen dementsprechend kurz aus, aber liebenswürdig, die Gruppe zieht sich am liebsten ganz in ihre Musik zurück, lässt die Zuhörer aber trotzdem immer wieder aktiv teilhaben. Ihre Songs klingen mal nach Folk, mal poppig, mal nach Postrock.

Besonders schön ist der Beginn des Konzerts, mit Songs von dem wunderbaren Album "Down the river", das 2015 erschienen ist. Sie klingen nach Sommer, nach Freiheit, nach Sorgenlosigkeit und Selbstvergessenheit. Aus ihnen klingt die Liebe zu ihrer Heimat, zur lettischen Küste bei stürmischem Wetter und zu heimischen Dichtern. Immer wieder schließen die Musikerinnen ihre Augen, wiegen sich träumend zur Melodie, lächeln in die Ferne. Der Sound ist von einer monumentalen Schönheit, schwillt von Takt zu Takt an, wird theatralisch oder glückselig und treibt immer wieder Gänsehaut auf die Arme.

Bei Sus Dungo geht es demokratisch zu. Bis auf wenige Aussetzer harmonieren sie einwandfrei. Die Band hat sich nach und nach gefunden, sie ist kein feministisches Projekt. Jede darf spielen, was sie will, jede darf die Instrumente verwenden, auf die sie Lust hat. An diesem Abend sind das eine Querflöte, ein Glockenspiel, ein Akkordeon, Gitarren, eine Ukulele und diverse Schlaginstrumente inklusive Cajón. Auch andere Bandmitglieder außer der Leadsängerin bekommen ihren eigenen Auftritt, mit Songs, die sie bewegen. Marika Arros Interpretation von Ingrid Michaelsons "You and I" ist ein zauberhafter Höhepunkt des Abends.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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