Dachau:Zackig und zugänglich

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Kölner Pop zum Nachdenken: Saender (links) und Komparse begleiten sich bei ihrem Doppelkonzert im Café Gramsci gegenseitig. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Publikum im Café Gramsci mag Saenders Pop - Komparses nachdenkliche Texte eher weniger

Von Manuel Kronenberg, Dachau

Das ist jetzt mal der Versuch, etwas Neues auszuprobieren. So kündigt Kai Kühnel das Konzert von Saender und Komparse im Café Gramsci an, das vom Tollhaus Dachau veranstaltet wird. Etwas Neues, weil die beiden Musiker ausnahmsweise mal nicht aus Kanada oder Australien kommen, wie so oft bei den Abenden, die vom Tollhaus oder Prittlstock organisiert werden. Sie kommen aus Köln. Deutscher Indie-Pop, statt Country und Folk.

Aber damit nicht genug der Experimente: Bei dem Auftritt der beiden Kölner handelt es sich um keinen gewöhnlichen - sondern um ein Doppel-Konzert. Saender und Komparse spielen normalerweise mit eigenen Bands. Manchmal gehen sie aber auch nur zu zweit ohne ihre Begleiter auf Tour und unterstützen sich gegenseitig. Dann spielen sie zwei Sets, präsentieren abwechselnd ihre Lieder, begleitet vom jeweils anderen.

22 Leute sind ins Café Gramsci gekommen, um sich das Konzert der beiden anzuhören, einige sogar aus München. Eine Handvoll mehr hätten es wohl sein können, Platz gibt es jedenfalls noch genug. Den Anfang macht Komparse, der im richtigen Leben Bodo von Zitzewitz heißt. Er singt Lieder über den Alltag, Lieder mit elegischen Klängen und nachdenklichen Texten. Die Songs drehen sich um Sinnsuche, um Nachtclubs, um Baustellen und um weibliche Ikonen. Mit seiner rauchigen Stimme beschwört von Zitzewitz die Großstadtmelancholie herauf.

Markus Sangermann alias Saender begleitet Komparse mit seiner Gitarre und einem Laptop, mit dem er die passenden Beats und Effekte abspielt. Das macht die sonst eher einfach gestrickten Pop-Songs erst so richtig spannend. Ruhige Parts verwandeln sich plötzlich in laute, einnehmende Passagen mit krachigen Klangteppichen. Es klingt fast schon experimentell, ab und an werden die Harmonien mit Störgeräuschen unterbrochen. Alles ist nicht ganz perfekt, aber das macht den Charme aus. Richtiger Lo-Fi eben.

Obwohl die Texte deutsch sind, ist es nicht leicht, sie zu verstehen. Man muss schon genau zuhören und darüber nachdenken. An diesem Abend kommt aber das Gefühl auf, dass das Publikum im Gramsci nicht so richtig Lust dazu hat. Der Funke springt bei den meisten jedenfalls nicht über. Eindrücklich wird es dagegen, als hinter der Bar plötzlich Gläser umkippen und laut klirren. Dazu direkt die Songzeile von Komparse: "Alles wirbelt Staub auf. Und dieser Raum irritiert mich."

Weniger irritiert ist dagegen Saender. Nachdem das Set von Komparse beendet ist, beginnt er mit seinem, und von Zitzewitz wechselt in die Begleitung. Saender kommt beim Publikum deutlich besser an. Seine Musik ist zackiger, zugänglicher und um einiges poppiger. Er streut immer wieder auch Rock-Nummern mit Retro-Gefühl ein, verwendet mal ein Sample von Joy Division, mal eine Blasharmonika, um seine Lieder aufzupeppen. Die Zuschauer sind nun deutlich wacher als zuvor. Doch als Saender vorschlägt: "Ihr könnt auch auf den Tischen tanzen", klingt das trotzdem eher noch nach einem Scherz.

Am Ende scheinen die Besucher dann doch überzeugt zu sein. Sie klatschen lange und holen Saender noch einmal für eine Zugabe zurück auf die Bühne. Komparse dagegen wollte nichts mehr vortragen, obwohl auch nach Saenders letztem Stück noch einige "Zugabe"-Rufe zu hören waren. Schade. Kühnels Experiment jedenfalls ist geglückt. Auch wenn Künstler aus Australien oder Kanada dann vielleicht doch besser ankommen.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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