Dachau:Wenn das Opfer selbst eine schmutzige Weste hat

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Ein junger Dealer aus dem Landkreis wird überfallen. Und muss sich nun selbst vor dem Amtsgericht verantworten.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Zwei maskierte Männer überfielen am 18. Februar vergangenen Jahres, kurz nach 7 Uhr, zwei Brüder in ihrer Wohnung in Röhrmoos. Mit einer vorgehaltenen Spielzeugpistole und schwarzen Strumpfmasken forderten sie die Herausgabe von Ecstasy-Tabletten. Beim folgenden Gerangel wurden die sich wehrenden Brüder leicht verletzt. Obwohl sie eigentlich die Opfer waren, musste sich einer von ihnen nun wegen unerlaubten Besitzes und Handels mit Betäubungsmitteln vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten. Die Polizeibeamten hatten bei ihrem Einsatz im Februar 2015 tatsächlich eine erhebliche Menge chemischer Drogen in der Röhrmooser Wohnung gefunden.

Sie beschlagnahmten 164 Ecstasy-Pillen, fast fünf Gramm der Party-Droge MDMA und eine Konsumeinheit Kokain. Der inzwischen 23-jährige Dealer wurde am Donnerstag vom Amtsgericht nun zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Unmittelbar nach dem Drogenfund hatte er bei der Polizei gestanden, über mehrere Monate hinweg gewerbsmäßig mit den illegalen Substanzen gehandelt zu haben. Sein Anwalt bestätigte das vollumfassende Geständnis vor Gericht. Der Angeklagte selbst schwieg zu den Vorwürfen. Er nannte weder die Namen seiner Kunden und Zulieferer, noch machte er Angaben über Umfang und Dauer seines Konsums.

Schwunghafter Handel mit Ecstasy

Einer der inzwischen gefassten Männer, die den Raubüberfall verübt hatten, sagte bei der Polizei aus, dass in der Wohnung des Angeklagten stets große Mengen Drogen vorhanden gewesen seien. Der 23-Jährige habe vorwiegend Handel mit Ecstasy-Tabletten betrieben. Der Sachbearbeiter der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck berichtete dem Gericht, dass in der Wohnung des Angeklagten zwei Feinwaagen, eine Glasbong und zahlreiche Tütchen zur Verpackung der Drogen aufgefunden wurden. Außerdem konfiszierten die Ermittler das als Porzellanerde bekannte Kaolin, ein weißes Pulver, das üblicherweise zum Strecken von chemischen Drogen verwendet wird.

Der 23-jährige Angeklagte machte einen zurückhaltenden, vernünftigen Eindruck, wie Amtsrichter Tobias Bauer feststellte. Im Gegensatz zu vielen anderen Straftätern aus dem Drogen-Milieu geht der junge Mann seit vier Jahren einem festen Job nach. Seinen Drogenkonsum habe er seit dem Vorfall im Februar 2015 komplett eingestellt. Hilfe erhalte er dabei von seiner Mutter und Freunden, die ihm im Gerichtssaal Beistand leisteten.

Der Angeklagte wirkt geläutert

Wegen des "guten Eindrucks", den der Mann hinterließ, plädierte der Vertreter der Staatsanwaltschaft für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Amtsrichter Bauer folgte dem Antrag. Zu Gunsten des Angeklagten wertete der Vorsitzende dessen umfassendes Geständnis. Auf den Richter machte der 23-Jährige einen "geläuterten Eindruck". Als Bewährungsauflage muss der junge Mann nun an sechs Drogenberatungsgesprächen teilnehmen, regelmäßig seine Abstinenz nachweisen und 1000 Euro an die Sucht-Hotline München bezahlen.

Gegen die beiden Einbrecher, die mit dem Angeklagten angeblich befreundet waren, hat die Staatsanwaltschaft München II Anklage wegen versuchten schweren Raubes und Körperverletzung erhoben. Die aus dem Landkreis Dachau stammenden Männer, 21 und 22 Jahre alt, saßen nach ihrer Gefangennahme mehrere Wochen in Untersuchungshaft. Ein Termin für den Prozess an der Jugendkammer des Landgerichts München II steht noch aus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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