Dachauer Museen:Wandlungsfähig

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Die nicht staatlichen Museen im Landkreis suchen die Veränderung. In Großberghofen entsteht ein Zentrum der Archäologie, Haimhausen wird gerade saniert und das Bezirksmuseum in Dachau befasst sich mit protestantischer Kultur

Von Christiane Bracht, Dachau

Durch die Museen im Landkreis Dachau fegt ein frischer Wind. Statt verstaubter Bauernmöbel, allerlei Alltagsgegenstände, die man in früheren Zeiten nötig hatte und der Darstellung alter Traditionen im Ort zeigt manch ein Heimatmuseum inzwischen noch ganz andere Dinge. Der Wandel in der Museumslandschaft ist schon längst im Gange, aber er ist noch keineswegs abgeschlossen. Um Besucher nach Haimhausen, Großberghofen oder Ebersbach zu locken, muss man schon mehr zu bieten haben. Vor allem aber dürfen sich die Ausstellungsstücke nicht in jedem Ort ähneln. "Jedes Museum hat inzwischen seinen Schwerpunkt, damit man sich nicht gegenseitig die Besucher wegnimmt", erklärt Kreisheimatpflegerin Brigitta Unger-Richter. Momentan entrümpelt das Huttermuseum in Großberghofen seine Dauerausstellung.

Die Ortsgeschichte wird zwar nicht völlig verschwinden, aber sie muss Platz machen. Denn Großberghofen will sich auf Archäologie spezialisieren. "Das bietet sich an", erklärt Unger-Richter. "Der Ort liegt an der Römerstraße, die an Erdweg vorbeiführt Richtung Augsburg. Seinerzeit war sie einer der Hauptverkehrsachsen." In Großberghofen hat man auch eine Villa rustica gefunden, zahlreiche römische Ziegel, Tonscherben von Gefäßen und Münzen. Der Archäologische Verein dort hat in seinem großen Depot vieles archiviert. Zwar steht der Verein, der vor einigen Jahren noch mit viel Elan anfing und eine "tolle Aufbruchstimmung" verbreitete, jetzt trotz seiner rund 80 Mitglieder kurz vor der Auflösung.

Zurzeit wird es umfassend restauriert, bevor die archäologische Sammlung des Landkreises einzieht. (Foto: Toni Heigl)

Der Grund: Es findet sich laut Unger-Richter einfach niemand, der als Vorstand mitarbeiten möchte. Die etwas Jüngeren berufen sich darauf, dass sie keine Zeit haben, und die Senioren wollen auch nicht. Die Aktiven werden aber weiterhin das Museum unterstützen, nicht nur mit ihren Funden, sondern auch mit ihrem Wissen, sagt die Kreisheimatpflegerin.

Das denkmalgeschützte Haus im Ortskern, in dem das Museum untergebracht ist, hat offenbar ein Problem mit der Feuchtigkeit. Deshalb musste es bereits geräumt werden. Die Sanierung ist laut Unger-Richter schon in vollem Gang. Unterdessen arbeitet ein Archäologe von der Landesstelle für nicht staatliche Museen in Bayern fieberhaft am neuen Konzept. Alles soll moderner werden: Das bedeutet vor allem "Entschlacken" und weniger Text. "Die vielen Texttafeln zu den einzelnen Ortsteilen wirken wie ein aufgeschlagenes Buch. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Heute geht man vom Objekt aus und erzählt die Geschichte anhand dessen. Nach Möglichkeit auch mit Hilfe der neuen Medien", erklärt Unger-Richter. Finanziell wird das Huttermuseum wohl von "Leader" gefördert, das EU-Gelder zur Stärkung der regionalen Identität bereithält. Wann man die neue Ausstellung bewundern kann, ist noch offen. Die Großberghofener hoffen auf eine Eröffnung in der zweiten Jahreshälfte.

Geschlossen ist momentan übrigens auch das Heimatmuseum in Haimhausen. Dort sind allerdings nicht so große Neuerungen vorgesehen. Das Landratsamt bemängelte lediglich, dass im Falle eines Brandes ein zweiter Fluchtweg fehlt. Nun baut die Gemeinde in Windeseile eine provisorische Stahltreppe an, damit die Ausstellung wieder eröffnen kann. In zwei Wochen soll das laut Kämmerer Peter Haslbeck erledigt sein. Der geplante behindertengerechte Abgang wird voraussichtlich erst 2019 angelegt, wenn die alte Turnhalle abgerissen ist. Sie muss bleiben, bis die neue errichtet ist.

Neues ist übrigens auch in Dachau geplant. Das Bezirksmuseum will Mitte Mai eine Sonderausstellung eröffnen anlässlich des Luther-Jubiläums. "Zur Geschichte der Protestanten im Dachauer Land" heißt der Titel. "Es wird ein Überblick wie die Welt im Mittelalter ausgesehen hat", erklärt die Museumsleiterin Ursula Nauderer. Denn auch hier protestierten viele gegen die Missstände in der katholischen Kirche. Zwei Hofmarksherren wurden sogar geköpft. Die ersten Protestanten zogen im frühen 19. Jahrhundert in den nördlichen Landkreis. Sie kamen aus der Pfalz und siedelten sich in Stangenried, Eichstock und Lanzenried an, teils zogen sie weiter nach Amerika. Die zweite Welle der Protestanten kam laut Nauderer um die Jahrhundertwende, als sich in Dachau die Künstlerkolonie einnistete. Die meisten jedoch kamen mit den Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg. Plötzlich hatte Dachau drei bis viermal so viele Protestanten und damit das Problem der Ausgrenzung. Mischehen waren anfänglich nicht erlaubt. "Plötzlich ging es um Toleranz. Im Grunde dieselben Probleme, die wir heute auch diskutieren", sagt Nauderer. Im November soll die Ausstellung sogar noch um einen Raum erweitert werden. Dort will die Museumsleiterin zeigen, welche Auswirkungen der Protestantismus auf Weihnachten hatte. "Der Adventskalender ist zum Beispiel ein evangelischer Brauch und auch viele andere familiäre Bräuche, die wir heute haben, gehen auf die Protestanten zurück", weiß Nauderer. Die Idee, den Protestantismus in Bayern zum Thema zu machen, hatte die Museumsleiterin schon länger, aber "religiöse Themen sind schwierig". Erst jetzt im Jubiläumsjahr ist die nötige mediale Aufmerksamkeit da.

© SZ vom 18.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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