Versteigerung:Vom Kastenwagen zum Kleinkram

Lesezeit: 2 min

Für zehn Euro bringt Auktionator Heribert Lorenz sogar einen alten Einkaufskorb mitsamt Inhalt - ein Paar Stilettos - an die Frau. (Foto: Toni Heigl)

Dass auf der Fundsachenversteigerung im städtischen Bauhof auch Fahrzeuge unter den Hammer kommen, ist eher selten. Doch trotz eines Motorschadens geht die Karre weg. Auktionator Heribert Lorenz in Höchstform

Von Manuel Kronenberg, Dachau

Umsatz bringt die diesjährige Fundsachenversteigerung wohl genug. Das höchste Gebot überhaupt an diesem Samstagmorgen sind 1100 Euro für einen 14 Jahre alten Kastenwagen mit Motorschaden. Dass Fahrzeuge unter den Hammer kommen, ist sowieso nicht selbstverständlich. Darüber freut sich Heribert Lorenz genauso wie über den teuren Schmuck, den er heute anzubieten hat. "Den haben wir sogar von einem Juwelier schätzen lassen", sagt Lorenz, der jedes Jahr als Auktionator bei der öffentlichen Versteigerung der Stadt mit dabei ist. 315 Euro ist einem Käufer eine goldene Halskette Wert.

Aber nicht nur deswegen lohnt sich die Versteigerung. In diesem Jahr gibt es wieder unzählige Fundsachen und vor allem: viele Besucher. Um 9 Uhr am Samstag beginnt die Versteigerung im Bauhof, doch zahlreiche Interessierte, darunter viele Rentner und Familien, sind bereits früher da. Sie wollen sich die Stücke genau ansehen, bevor sie in den Bieterwettstreit treten. Vor allem die Fahrräder - an die 70 stehen fein säuberlich aufgereiht in der Garage des Bauhofs - aber auch verschiedene Geräte von der Schneefräse bis zur Schlauchtrommel, Schmuck, Kameras und sonstigen Kleinkram. Und noch etwas muss geklärt werden, ehe das Bieten losgehen kann: die Regeln. Heribert Lorenz vom städtischen Bauhof erklärt zu Beginn, wie so eine Versteigerung funktioniert. Dazu gehört auch seine alljährliche Warnung. "An alle Paare und Familien: Sprecht euch ab." Damit man sich ja nicht gegenseitig überbietet. "Alles schon vorgekommen", sagt er. Und: "Ich bin da gnadenlos."

Für den, der gar nichts kaufen möchte, lohnt sich ein Besuch trotzdem. Allein, um sich Lorenz' lockere Sprüche anzuhören. Davon hat er genug parat, er taugt fast schon als Unterhaltungskünstler. Aber das muss ein Auktionator ja auch können: die Käufer bei Laune halten. Das schafft Lorenz aber nicht nur mit seinen Sprüchen, sondern auch mit abgedrehten Verkaufsangeboten. Zu den nicht so attraktiven Fahrrädern zum Beispiel gibt es einfach noch eine Kleinigkeit gratis obendrauf: zum alten Kinderrad einen bunten Regenschirm, zum klobigen Cityrad einen Schlafsack. Als die Helfer ein rosafarbenes Damenrad auf die Bühne tragen, holt Lorenz noch einen schwarz glitzernden Hut hervor. "Mitsamt Michael-Jackson-Gedächtnishut. Dafür hätte ich gerne zehn Euro." Die Leute in der Garage lachen. Eine junge Frau ersteigert das Rad schließlich für 30 Euro. "Du setzt ihn aber schon auf, oder?", fragt Lorenz. Klar, und es gibt sogar Applaus, als die Käuferin sich den Hut auf den Kopf zieht.

Lorenz macht seine Sache gut, er hat das nötige Gespür, das man als Auktionator braucht. Er kann schnell abschätzen, wie viel die Bieter zu zahlen bereit sind - und er treibt den Betrag vom Ausrufpreis bis zum Zuschlag schon mal ganz schön in die Höhe. Von den gewöhnlichen Zwei-Euro-Schritten weicht er oft ab, um vom nächsten Bieter ein um 20 Euro höheres Gebot zu verlangen.

Nicht nur Lorenz, auch die Käufer verfolgen ganz unterschiedliche Strategien. Während die einen gespannt warten, bis ihr "Traumrad" aufs Podest kommt und erst dann mitbieten, versuchen es andere immer wieder aufs Neue. Bei der Menge an Fundsachen sollte aber für jeden etwas dabei sein. Am Ende sind zumindest fast alle Fundsachen weg - für zehn Euro verkauft sich selbst der zerknitterte Einkaufskorb mitsamt Inhalt: Damenschuhe mit Stilettoabsatz.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: