Dachau:Vertrauen verspielt

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18-Jähriger bestiehlt Onkel und Cousine. Nur sein umfassendes Geständnis hält den Richter von einem Freiheitsentzug ab

Von Benjamin Emonts, Dachau

Fast 2300 Euro soll ein 18-Jähriger seinem Onkel und seiner Cousine auf hinterhältige Weise gestohlen haben. Auf die Frage von Amtsrichter Daniel Dorner, ob die Vorwürfe stimmen, nickte der junge Mann vorsichtig. Er habe aus Dummheit und Geldsorgen gestohlen, sagte er kleinlaut. "Das ist das Schlimmste, was ich je angestellt habe."

Vor dem Dachauer Amtsgericht musste sich der 18-Jährige wegen vierfachen Diebstahls und Computerbetrug an seinen Angehörigen verantworten. Seinem zaghaften Nicken folgte ein vollumfängliches Geständnis. Demnach befand sich der 18-Jährige zum Tatzeitpunkt auf Arbeitssuche und sei dementsprechend klamm gewesen. Bei einem Besuch seiner Cousine erblickte er im Juli 2015 einen Brief, der die Geheimnummer des Bankkontos der Cousine enthielt. Gustav P. fotografierte die Nummer ab. Wenige Tage später kehrte er in die Wohnung zurück und entwendete die Bankkarte der Cousine. Während sein erster Versuch, Geld abzuheben, aus ungeklärter Ursache fehlschlug, hob er im zweiten Anlauf 35 Euro ab. Wiederum ein paar Tage später - dieses Mal wollte er 20 Euro abheben - wurde die Karte vom Bankautomaten eingezogen. Seine Cousine hatte die Karte zu diesem Zeitpunkt bereits sperren lassen, erklärte Amtsrichter Dorner.

Vermutlich Ende Juli oder Anfang August stahl der 18-Jährige den Schlüsselbund der Cousine aus deren Wohnung. Er hatte im Gastronomiebetrieb seines Onkels einst eine Ausbildung zum Koch absolviert. Daher wusste er, dass an dem Bund die Schlüssel zu dessen Lokal und einem darin befindlichen Tresor hingen. In diesem Wissen verschaffte er sich am 16. und 28. August Zugang zu dem Dachauer Restaurant - und entnahm dem Tresor die Tageseinnahmen in Höhe von 1193 beziehungsweise 1078 Euro. Mit dem Geld verreiste der junge Mann und kaufte ausgiebig ein, wie er vor Gericht gestand.

Lichtbilder einer Überwachungskamera der Bank überführten den Täter schließlich - er räumte bei der Dachauer Polizei auch den Diebstahl im Geschäft seines Onkels ein. Amtsrichter Dorner verurteilte ihn zu 48 Sozialstunden und einem Arbeitswochenende. Der Richter wies ausdrücklich darauf hin, dass der erhebliche Schaden, der durch die Taten entstanden ist, eigentlich freiheitsentziehende Maßnahmen erfordern würde. Letztlich seien nur das umfassende Geständnis und das reumütige Verhalten des Angeklagten ausschlaggebend gewesen, dass es lediglich bei sozialen Arbeitsdiensten blieb.

Es dürfte den 18-Jährigen mehr Mühe kosten, das kaputte Vertrauensverhältnis zu seinem Onkel wieder aufzubauen. In einem Brief, der vor Gericht verlesen wurde, entschuldigte sich der 18-Jährige mit den Worten: "Ich habe das Vertrauen vieler Menschen verloren, die meine Familie waren. Ich hoffe, dass wir zumindest bald wieder miteinander reden können." Der Großvater des 18-Jährigen hat sich bereit erklärt, die Schulden seines Enkels vorzustrecken. "Nächste Woche setzen wir uns gemeinsam mit meinem Onkel an einen runden Tisch", sagte der Angeklagte. Das Verhältnis zu seiner Cousine sei bereits wieder "fein".

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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