Dachau:Verseuchter Boden

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Das Kraftwerk auf dem MD-Gelände produziert noch immer Strom. Allein diesen Bau mit seinen drei Schornsteinen abzureißen soll zwei Jahre dauern. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Schlacken, Lösungsmittel, Kohlenwasserstoffe: Unter und auch in den alten Fabrikanlagen der ehemaligen Papierfabrik lagern jede Menge giftige Stoffe. Sie zu entsorgen kann Jahre dauern und kostet Millionen

Von Viktoria Großmann, Dachau

150 Jahre Industriegeschichte haben auf dem MD-Gelände Spuren hinterlassen. Nicht nur der Boden, auch Wände haben über die Jahre Dreck angezogen, im Mühlbach schwimmen zwar ein paar Fische. Sauber ist das kleine Gewässer darum noch nicht. Selbst der Boden unter dem Bach ist kontaminiert. Schlacken, Schwermetalle, Mineralöle aus den Papiermaschinen, Kohlenwasserstoffe und Lösungsmittelrückstände lagern im Boden. Derzeit ist das Gelände zu 85 Prozent versiegelt, das heißt, der Boden ist bebaut und asphaltiert. Dadurch kann etwa durch Regen kein verunreinigter Boden fortgewaschen oder weggespült werden.

Doch sobald die Bagger den Boden für die Neubebauung oder auch schon während des Abrisses einiger Gebäude aufgraben, müssen die Schadstoffe bereinigt werden. Deshalb steht die komplette Bodensanierung am Anfang aller weiteren Maßnahmen. Sie ist aufwendig und sehr teuer. Etwa 30 Millionen Euro soll die Entsorgung der Altlasten kosten. Weil aber sowieso gegraben werden muss, etwa um später Tiefgaragen anzulegen, biete sich eine "Total-Dekontamination" geradezu an, heißt es im Wasserwirtschaftsamt, das die Sanierung überwacht.

Zuständig für die Arbeiten ist die Dachau Entwicklungsgesellschaft DEG, die als Rechtsnachfolger der früheren Eigentümer die Kosten trägt. Gutachter haben in den vergangenen Jahren immer wieder Bodenproben genommen und Bohrungen gemacht. Sie mussten ihre Ergebnisse der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Dachau sowie dem Wasserwirtschaftsamt vorlegen. "Große Überraschungen wird es da nicht mehr geben", heißt es aus dem Amt. "Das Inventar ist klar." Es hat orientierende und detaillierte Untersuchungen gegeben, das Grundwasser wird seit vielen Jahren mehrmals im Jahr überprüft. Die Behörden werden das Abräumen der Altlasten überwachen. Auch der Stadt Dachau liegt das Gutachten vor. Am stärksten belastet ist das Gebiet zwischen Ostenstraße und Freisinger Straße. Frei von Kontaminierung ist aber auch der ehemalige Holzlagerplatz nicht, auch hier müssen die Böden gereinigt werden.

Besonders schwierig wird der Abbau des Kraftwerks mit seinen drei Türmen, so erklärt es Herbert Ullmann, Geschäftsführer der Dachau Entwicklungsgesellschaft. Die Öfen darin müssen von Hand Stück für Stück behutsam abgebaut werden. Die Arbeiter müssen dabei besonders vor dem austretenden Asbest geschützt werden. Erst wenn die Öfen abgebaut sind, kann die Hülle demontiert werden. Allein der Abbau des Kraftwerks könne bis zu zwei Jahre dauern, sagt Ullmann.

Währenddessen wird natürlich auch auf dem restlichen Gelände gearbeitet. Böden und Wände müssen abgefräst, Gebäude behutsam abgebaut werden. Damit während der Arbeiten keine Schadstoffe über das Grundwasser in benachbarte Gebiete ausfließen können, müssen die drei Teile des MD-Gebietes jeweils einzeln von Spundwänden umschlossen werden. Allein diese Maßnahme soll etwa 2,5 Millionen Euro kosten. Die Wände sollen das Grundwasser am abfließen hindern. Am Ende der Sanierung wird das Wasser dann mit Aktivkohle gereinigt und dem Kreislauf wieder zugeführt, erklärt ein Sachbearbeiter im Wasserwirtschaftsamt. Dort, wo ehemals die Maschinen standen, sind allein die Bodenplatten bis zu fünf Meter dick. Bis zu acht Metern muss ausgeschachtet werden, um den verunreinigten Boden zu entfernen.

Während des Rückbaus der Hallen und des Kraftwerks soll der ehemalige Holzlagerplatz als Zwischenlager für den Sondermüll dienen. Auf bis zu 500 Kubikmeter großen Häufungen werden die Abfallstoffe dort erneut geprüft und den verschiedenen Verwertungen zugeführt. Einiges wird auf Sondermülldeponien kommen, weniger belastete Stoffe können aufbereitet und wiederverwertet werden. Etwa zwei Jahre soll die gesamte Altlastenbeseitigung dauern. Sie ist eine Vorbedingung der Stadt für die Bebauung des Grundstücks. Grüne, SPD und CSU stehen klar zu diesem Beschluss. Das Bündnis für Dachau hingegen hat kürzlich seine Meinung geändert und schlägt vor, die versiegelte Fläche zu bebauen. Dadurch wäre das Grundstück weniger wert und könnte für Wohnungen, aber auch Einrichtungen wie Kindergärten nicht genutzt werden - und die Schadstoffe wirkten weiter fort.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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