Dachau:Verkehrswacht gerät ins Schlingern

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Josef Neumeier (r.) ist Schulweghelfer an der Dachauer Klosterschule und fordert, dass Eltern den Schulweg mit ihren Kindern einüben. (Foto: Niels P Jørgensen)

Nach dem Rückzug von Karl Englmann sucht der Verein händeringend eine neue Führung - sonst droht die Auflösung.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Die alljährliche Pressekonferenz der Dachauer Verkehrswacht hat noch nicht begonnen, da spielt sich bereits eine Szene mit Symbolcharakter in der Dachauer Schranne ab. Der Grafiker Bruno Schachtner, eigentlich auf dem Weg zur KVD-Ausstellung, wird von Vorstandsmitglied Stefan Januschkowetz jäh gestoppt - und mit den Worten begrüßt: "Sie sind unser neuer Vorsitzender, herzlichen Glückwunsch!" Schachtner, wie immer freundlich, setzt sich tatsächlich kurz an den Tisch. Schließlich aber gibt er auf charmante Weise zu verstehen, dass er für den Posten nicht zu haben sei.

Für die Dachauer Verkehrswacht bedeutet dies, weiterhin nach einem neuen Vorsitzenden, dessen Stellvertreter sowie einem neuen Geschäftsführer suchen zu müssen. Dem Verein droht die Auflösung, weil langjährige Mitglieder zum Jahresende ausscheiden. Der amtierende Vorsitzende Karl Englmann, der den Verein fast 35 Jahre lang geleitet hat, wird sein Amt aus gesundheitlichen Gründen definitiv niederlegen, wie er erneut bekräftigt.

Vorstandsmitglied Stefan Januschkowetz, Leiter des städtischen Ordnungsamtes, wirbt deswegen - wenn es sein muss auch etwas nachdrücklicher - um neue Mitglieder. Denn können die wichtigen Ämter bis zu den Neuwahlen im Dezember nicht neu besetzt werden, "wird der Verein aufgelöst", sagt Karl Englmann ohne Umschweife. Die Suche nach neuem Personal ist bisweilen ein schwieriges Unterfangen. "Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zu letzt", sagt Englmann .

Die Dachauer Verkehrswacht, die sich über Spenden, Zuschüsse und vom Gericht verhängte Geldbußen finanziert, setzt sich seit Jahrzehnten für die Sicherheit der Schulkinder und die allgemeine Verkehrssicherheit im Landkreis ein. Durch präventive Maßnahmen wie Fahranfängertrainings trägt der Verein entscheidend zur Sicherheit im Straßenverkehr bei und stattet ganz nebenbei Schulweghelfer mit Kellen, Warnwesten und Mänteln aus, die nicht ganz billig sind.

Richard Wacht, Leiter der Abteilung Verkehr bei der Dachauer Polizei, sagt folglich: "Die Verkehrswacht ist dringend notwendig." In Zeiten, in denen es die Verkehrswacht noch nicht gegeben hat, seien die Unfallzahlen trotz des deutlich niedrigeren Verkehrsaufkommens eklatant höher gewesen. Beate Rexhäuser, Fachberaterin beim Staatlichen Schulamt, stimmt dem Polizisten zu: "Landkreise ohne Verkehrswacht sind weitaus anfälliger für Unfälle."

Kinder sind besonders gefährdet

Besonders gefährdet im Straßenverkehr sind Kinder, wie die Teilnehmer der Pressekonferenz abermals betonen. "Sie haben einen engeren Blickwinkel, werden schlechter gesehen und können Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen", zählt Englmann auf. Die Kreisverkehrswacht werde deshalb zu Schulbeginn sieben große Transparente im Stadtgebiet aufhängen. Durch sie sollen die Verkehrsteilnehmer sensibilisiert werden.

Verkehrspolizist Wacht kündigt indes an, im Schulbereich vermehrt Gurtkontrollen durchführen zu wollen. Schließlich habe er beobachtet, dass die Quote der Anschnaller generell sinke und oftmals sogar auf die gesetzlich verpflichtenden Kindersitze im Auto verzichtet werde. "Dem wollen wir durch unsere Kontrollen massiv entgegenwirken", sagt Wacht. Geschwindigkeitskontrollen würden hingegen maßgeblich von den Kommunen durchgeführt. Schließlich spricht Wacht die dringende Bitte aus, dass Eltern möglichst zu Fuß den Schulweg mit ihren Kindern antreten sollten. "Die Menge der Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, ist zum Teil wirklich verkehrsgefährdend."

Stefan Januschkowetz weist darauf hin, dass die Stadt dringend weitere Schulweghelfer benötige, besonders in Dachau-Ost und Augustenfeld. Leuchtend gelbe Flyer und Plakate sollen bei der Suche behilflich sein. Die Stadt Dachau zahlt ihren Schulweghelfern als einzige Kommune im Landkreis eine Aufwandspauschale von 5,10 Euro pro Einsatz. Das Engagement lohnt sich, wie Polizist Wacht bestätigt: "An den Überwegen mit Schulweghelfern gab es in den vergangenen 20 Jahren keinen einzigen Unfall."

© SZ vom 12.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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