Dachau:Unfallschwerpunkt: Parkplatz

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Die meisten Fahrerfluchten ereignen sich auf Abstellplätzen. Die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle geht um die Hälfte zurück.

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Die Zahl der Verkehrsteilnehmer im Landkreis wächst seit Jahren. Mit der Konsequenz, dass auch die Zahl der Unfälle steigt. 2015 hat sich der Trend zwar fortgesetzt, aber weniger stark als in vergangenen Jahren. 4658 Unfälle verzeichnete die Polizeiinspektion Dachau insgesamt, 2014 waren es lediglich 37 weniger.

Verletzte und Tote

Ähnlich stark wuchs allerdings die Zahl der Verletzten: 923 Personen kamen zu Schaden, 23 mehr als im Vorjahr. Die meisten Unfälle ereigneten sich innerorts, lediglich ein Drittel außerhalb von Ortschaften. Am häufigsten krachte es in Karlsfeld, wo sich Münchner Straße und Bajuwarenstraße treffen. Ganze 18 Mal musste die Polizei dort anrücken. Gleich dahinter folgen zwei Kreuzungen in Dachau: An der Freisinger- und Alte-Römer-Straße gab es 13 Zusammenstöße, an der Schleißheimer-, Frühlings-, und Martin-Huber-Straße zwölf. Glücklicherweise kamen bei den Unfällen weniger Menschen ums Leben: Während es 2014 noch zehn Verkehrstote gab, sank die Zahl im vergangenen Jahr auf fünf. Die niedrigste Zahl seit 1975, als die Polizei zum ersten Mal eine Verkehrsstatistik erhob. "Das ist gut, aber es sind immer noch fünf zu viel", sagt Polizeihauptkommissar Richard Wacht, Verkehrsexperte bei der Dachauer Polizei. "Spektakuläre Unfälle" mit vielen Toten und Verletzten habe es erfreulicherweise überhaupt nicht gegeben.

Alkohol am Steuer

Obwohl die Zahl der Unfälle stieg, sank der Anteil derer, die von alkoholisierten Fahrern verursacht wurden, um ein Drittel. "Die Kontrollen wirken", sagt Wacht. Er macht auch eine veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung von Alkoholkonsum für den langfristig beobachtbaren Rückgang verantwortlich. In den Siebziger- und Achtzigerjahren seien zwischen 100 und 120 Unfälle wegen Trunkenheit am Steuer normal gewesen, sagt er. Heute sei es akzeptiert, dass man auf Veranstaltungen alkoholfreie Getränke trinke. Wie schon im vergangenen Jahr hebt Wacht dabei vor allem Fahranfänger hervor. "Die Null-Promille-Grenze greift gerade in der Altersgruppe der 18 bis 24-Jährigen", sagt er. Auch die Tatsache, dass bei einem Verstoß Nachschulungen drohen, sieht Wacht als Ursache für die Zurückhaltung der Fahranfänger.

Fahranfänger

Überhaupt ist Wacht sehr zufrieden mit der Anzahl der Unfälle, in die junge Autofahrer involviert sind. Sie entspricht dem Bevölkerungsanteil der Gruppe. 213 Unfälle wurden von Fahranfängern verursacht. Ein junger Fahrer starb bei einem von ihm ausgelösten Zusammenstoß. Genau diese Unfälle bereiten Wacht Sorge. Nicht nur im Landkreis, sondern in ganz Deutschland sind junge Fahranfänger bei schweren Unfällen überrepräsentiert. Wacht führt das auf eine erhöhte Risikobereitschaft und die größere Unerfahrenheit der Altersgruppe zurück. Sein Rat: langsam fahren, vor allem in den Kurven.

Senioren

Auch Senioren waren 2015 im Landkreis in tödliche Unfälle verwickelt. Die Zahl der verletzten Senioren sank zwar, drei starben jedoch. Insgesamt wurde etwa ein Fünftel der Unfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden von Senioren verursacht. Dass die Zahl der in Unfälle verwickelten älteren Menschen seit Jahren zunimmt, liegt laut Wacht daran, dass ihr Anteil an der Bevölkerung wächst. Auch die Altersgrenzen steigen: Heutzutage treffe man nicht mehr nur 84-jährige, sondern auch 94-jährige Autofahrer an, sagt Wacht. Moderne Autos verfügten aber zunehmend über unterstützende technische Ausstattung wie Parkassistenten oder Fußgängererkennung, die sich als hilfreich erweisen könnten.

Radfahrer

Die Zahl der Unfälle mit Radfahrern ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen: Die Polizei verzeichnete zehn Zusammenstöße mehr. Trotzdem sei 2015 "ein schönes Jahr" für Radfahrer gewesen, sagt Wacht. Der Trend, dass immer mehr Menschen auf Fahrräder umsteigen anstatt mit dem Auto zu fahren, halte an. Dass es mehr Unfälle gab, sei bedauerlich, aber auch auf den insgesamt zunehmenden Verkehr zurückzuführen.

Fahrerfluchten

Damit hängt auch die Entwicklung der Zahl der Fahrerfluchten zusammen. 2015 ist sie im Landkreis zwar leicht zurückgegangen, der allgemeine Trend sieht aber anders aus. Das gleiche Bild zeigt sich bei der Aufklärungsquote: Zwar ist sie 2015 um rund zwei Prozentpunkte gesunken, in den Jahren davor ist sie aber beständig gestiegen. Auch die Tatsache, dass sich Verursacher häufiger unerlaubt vom Unfallort entfernen, führt Wacht auf die höhere Verkehrsdichte zurück. "Die Zulassungszahlen gehen nach oben." Außerdem würden die Autos immer breiter, somit komme es zu mehr kleinen Zusammenstößen, bei denen Seitenspiegel berührt oder Kratzer in den Lack gefahren werden. "Die Verkehrsdichte ist vor allem auf großen Parkplätzen enorm", sagt Wacht, "das sind Unfallschwerpunkte." Hinzu komme, dass die Schäden heutzutage selbst bei kleinen Vorfällen höher seien, "weil die Autos insgesamt teurer sind". So werde häufiger Anzeige erstattet. Bei geleasten Fahrzeugen, von denen es ebenfalls immer mehr gebe, müsse sowieso jeder kleine Vorfall angezeigt werden.

© SZ vom 15.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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