Dachauer Volksfest:Umsatzeinbußen

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Bei Badewetter kommen weniger Volksfestbesucher als im Vorjahr. Der Bierkonsum geht zurück, alkoholfreie Getränke sind gefragt. "Ich werde als Wasserwirt in die Geschichte eingehen", sagt Ewald Zechner

Von Benjamin Emonts, Dachau

Es ist 20 Uhr, Dachauer Montag, als das Double von Mickie Krause gerade das Fliegerlied anstimmt. Dann plötzlich wird den Ludwig-Thoma-Musikanten der Strom auf der Bühne abgewürgt, Mickie Krauses Stimme versagt. Soll das Dachauer Volksfest etwa so abrupt enden? Nein. Der Strom kommt wenige Minuten wieder. Volksfestreferent Robert Gasteiger und die anderen Gäste im voll besetzten Bierzelt bleiben also noch eine Weile sitzen.

Anstatt bereits am Montagabend, zieht Gasteiger folglich erst am Dienstagmorgen eine vorläufige Bilanz zum Dachauer Volksfest 2015. Gasteiger ist etwas verschnupft, der rapide Wetterumschwung ist nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Wobei man auch schon beim Thema wäre: dem Wetter. "Leider war es anfangs zu warm", resümiert Gasteiger. Gerade in den Mittagsstunden und an den Nachmittagen, als die Temperaturen über die 35-Grad-Marke kletterten, seien die Leute lieber an den See oder ins Freibad gegangen anstatt auf das Volksfest. Deshalb, schätzt Gasteiger, haben zehn bis 20 Prozent weniger Menschen als im Vorjahr das Volksfest besucht.

"Leider war es anfangs zu warm", resümiert Gasteiger bei der vorläufigen Bilanz zum Dachauer Volksfest 2015. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ewald Zechner, Wirt des großen Bierzelts, hat den Besucherschwund zu spüren bekommen. Er tritt am Montagabend - kurz nach dem verunglückten Auftritt von Mickie Krause - auf die Bühne und verkündet lapidar: "Es gibt heute sogar noch Hendl." Im vergangenen Jahr, daran sei erinnert, gingen Zechner die Hendl bereits drei Stunden vor Ende des letzten Volksfesttags aus. Dazu aber kommt es in diesem Jahr nicht. Im Gegenteil: Am Montagabend, um 23 Uhr, verschenkt der Wiesn-Wirt sogar 200 abgepackte Hendl. Am Tag darauf resümiert Zechner: "Wir haben mit unserem Essen zehn Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr gemacht und es ist definitiv weniger Bier getrunken worden." Stattdessen hätten die Besucher umso mehr alkoholfreie Getränke und kalte Speisen konsumiert. "Wahrscheinlich werde ich als Wasserwirt in die Geschichte eingehen", sagt Zechner und lacht. Im kommenden Jahr werde er sich wieder für das große Bierzelt bewerben. "Volksfestwirt zu sein - das macht einfach riesen Spaß."

Dieter Ebermann vom BRK hat in diesem Jahr wieder so manches Blasenpflaster verteilt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Sprecher der Schausteller, Paul Tille, spricht indes von einer "Katastrophenhitze", die dem Volksfest zugesetzt habe. Der Umsatz der Fahrgeschäfte sowie der Süßwaren- und Imbissstände ist wegen des Badewetters um 25 Prozent eingebrochen. Nichtsdestotrotz äußert Tille seinen Dank an die Dachauer: "Sie haben uns trotz der Temperaturen wieder einmal die Stange gehalten." Beim Gäubodenfest in Straubing, das zeitgleich stattgefunden hat, seien die Umsätze sogar um die Hälfte zurückgegangen. Dass es in Dachau nicht so weit gekommen ist, sei der Tradition und dem großen Stammpublikum des Volksfests zu verdanken. Schließlich bilanziert Tille: "Wir können noch sehr zufrieden sein mit unserem Umsatz." Insbesondere das letzte Volksfest-Wochenende habe mit seinen gemäßigten Temperaturen für vieles entschädigt.

In der Sanitätswache des BRK am Volksfestplatz führten die sinkenden Temperaturen zu sinkenden Einsatzzahlen. Gerade während der ersten Hälfte des Festes hatten die 36 ehrenamtlichen Sanitäter noch alle Hände voll zu tun. Insgesamt versorgten sie an den zehn Volksfesttagen fast 400 Patienten (300 im Vorjahr). Allein 70 von ihnen mussten behandelt werden, weil ihr Kreislauf wegen der Hitze versagte. Etwa 60 weitere Einsätze lösten Bienen- und Wespenstiche aus. Der absolute Spitzenreiter allerdings waren wie im Vorjahr Blasen, die sich überwiegend Frauen in ihren Schuhen liefen. BRK-Einsatzleiter Dieter Ebermann nimmt's mit Humor, er sei in erster Linie froh, dass es unter den 400 Patienten keinen einzigen Schwerverletzten gegeben hat. Sein Resümee: "Es war gut, dass wir da waren."

Größere Schlägereien sind in diesem Jahr ausgeblieben. Folglich bilanziert die Dachauer Polizei in einer Pressemitteilung: "Trotz des billigsten Bierpreises und drückender Hitze war es eines der friedlichsten Volksfeste der vergangenen Jahre." Neben einigen Beamtenbeleidigungen und Maßkrug-Diebstählen zählte die Polizei insgesamt sieben körperliche Auseinandersetzungen, die allesamt ohne schwerere Verletzungen endeten. Bei Gewaltdelikten, so teilt die Polizei mit, bewähre sich das Konzept, dass potenzielle Veranstaltungsstörer schon im Vorfeld des Volksfestes angesprochen würden. Bei den wenigen Vorfällen, welche die Polizei zum Einschreiten gezwungen haben, sei meistens Alkohol im Spiel gewesen. So mussten sechs Personen zu ihrem eigenen Schutz in Gewahrsam genommen und in den meisten Fällen im Dachauer Krankenhaus ausgenüchtert werden. Eine 28-jährige Frau suchte ihr Heil auf der Toilette eines Dönerstandes und fiel dort ins Reich der Träume. Nachdem die Feuerwehr die Tür aufgebrochen hatte und die Frau vom Rettungsdienst in die Amperklinik Dachau gebracht worden war, wurde bei ihr ein Alkoholwert von drei Promille im Blut festgestellt. Ein 50-jähriger Dachauer schaffte nach dem Volksfestbesuch nur noch den halben Heimweg und nahm sich an der Hermann-Stockmann-Straße eine kleine Schlafpause. Die letzten 500 Meter nahm ihm dann eine Streifenbesatzung der PI Dachau ab: Sie kutschierte den Betrunkenen nach Hause.

© SZ vom 19.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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