Dachau:Überzeugungsarbeit

Lesezeit: 2 min

Unternehmen wollen ausbilden, finden aber keine Azubis, erklärt Michael Steinbauer die Not der IHK. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Jugendliche studieren an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts vorbei, so sieht es die IHK. Dabei gäbe es in den Unternehmen gute Chancen für Auszubildende

Von Tobias Roeske, Dachau

Die Zahl der Auszubildenden im Landkreis Dachau geht trotz großer Anstrengungen der Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern (IHK) weiter zurück. Das teilt die IHK in einer Pressemitteilung mit. "Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ist ungebrochen. Doch es gehen ihnen schlichtweg die Azubis aus," erklärt der Vorsitzende des IHK-Gremiums Dachau und Fürstenfeldbruck, Michael Steinbauer.

Laut einer Ausbildungsstatistik der IHK München und Oberbayern stellten die Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistung im Landkreis bis Ende 2015 nur 221 Auszubildende ein, das sind 5,2 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Mit der schlechten Quote liegt Dachau über dem oberbayerischen Durchschnitt, der nur einen Rückgang von 0,3 Prozent verzeichnet.

Besonders großer Auszubildendenmangel herrscht in den kaufmännischen Betrieben. Dort wurden 8,4 Prozent weniger Ausbildungsverträge unterschrieben als im Jahr 2014. Dieser Trend sei im ganzen Landkreis festzustellen, sagt Steinbauer. Und: "Der Auszubildendenmangel geht durch alle Branchen." Auch unter Mechatronikern und im Pflegebereich gibt es zu wenige Lehrlinge.

Im Großraum München fehlen insgesamt in allen Beschäftigungsgruppen 37 000 Fachkräfte. "Viele Branchen leiden darunter, dass die Nachwuchskräfte an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts vorbei ein Studium und akademische Abschlüsse anstreben," erklärt IHK-Präsident Eberhard Sasse. Im Landkreis Dachau beteiligen sich 246 IHK-zugehörige Betriebe aktiv an der Ausbildung neuer Mitarbeiter und stehen damit für fast 60 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse. Laut der Agentur für Arbeit blieben jedoch im vergangen Jahr von den 400 freien Ausbildungsplätzen 90 unbesetzt. Um dem entgegen zu wirken, engagiert sich die IHK Dachau und Fürstenfeldbruck in verschiedenen Projekten, bei denen sie Jugendlichen die Vorzüge eines Ausbildungsberufes näherbringen wollen.

Die Ansicht, dass eine akademische Ausbildung bessere Berufschancen mit sich bringe, bewahrheitet sich laut IHK nur zum Teil. Oft gäbe es in Betrieben nicht genügend Arbeitsplätze, bei denen ein Studienabschluss notwendig sei und die Chancen für Bewerber mit Berufserfahrung seien häufig höher. Die IHK versucht deshalb, schon früh Kontakt zwischen Ausbildungsbetrieben und Jugendlichen herzustellen. Durch Jobmessen und Berufsorientierungstage wollen sie die Schüler über mögliche Alternativen aufklären.

Eine besondere Chance, den Fachkräftemangel zu unterbinden, sieht die IHK in der zielgerichteten Integration von jungen Flüchtlingen. Derzeit erlernen im Landkreis 72 ausländische Jugendliche einen Ausbildungsberuf in Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmen. Ihr Anteil an den insgesamt 579 Azubis wächst kontinuierlich und beläuft sich zur Zeit auf 12,4 Prozent. Um diesen Trend in allen Regionen fortzuführen will die bayerische IHK in diesem Jahr acht Millionen Euro für Projekte zur beruflichen Förderung von Flüchtlingen aufwenden.

Teile dieser Gelder sollen in die berufs- und ausbildungsbegleitende Sprachförderung durch Berufsintegrationsklassen, in die spezifische Fortbildung von Ausbildern für Flüchtlinge sowie in den Aufbau von Unterstützungsstrukturen fließen. Derzeit werden mehr als 100 Jugendliche in sechs verschiedenen Berufsintegrationsklassen im Landkreis Dachau auf das Berufsleben vorbereitet. Gremiumsvorsitzender Michael Steinbauer gibt jedoch zu bedenken: "All diese Maßnahmen werden erst langfristig greifen."

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: