Dachau:Tückisches Prestigeobjekt

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Markthalle, Gasthaus, Kleinkunstbühne: Die Schranne war schon immer ein schwieriges Pflaster. Eine Chronologie

Die Erwartungen der Dachauer waren groß, als Oberbürgermeister Peter Bürgel am 27. Juli 2002 die groß angepriesene Markthalle auf dem Schrannenplatz eröffnete. Die Stadt Dachau hatte die ehemalige Kirchenschule in der Altstadt immerhin für vier Millionen Euro aufwendig umgebaut, um sie in eine Markthalle zu verwandeln. Schneller als gedacht wich den großen Erwartungen jedoch die Ernüchterung. Denn in der Markthalle erkannten die Dachauer keine Markthalle. Zu schlecht war das Angebot, zu wenig konnte sie auch den Charme einer solchen Einrichtung verbreiten. Die Folge: Der Kundenzuspruch ließ zu wünschen übrig. Niedrige Umsätze brachten den damaligen Pächter Heinz Lechner und seine Gastro GmbH nach weniger als einem Jahr in die Isolvenz.

Dies war erst der Beginn einer schier unendlichen Verkettung von Pleiten und falschen Hoffnungen, die in das Prestigeobjekt gesetzt wurden. Bevor die Stadt einen neuen Pächter suchen konnte, musste sie sich mit der Gastro GmbH vor Gericht um die Ablöse der Einrichtung streiten. Die Auseinandersetzung endete nach einem Beschluss des Münchner Verwaltungsgerichts mit einem Vergleich, der die Stadt nicht weniger als 400 000 Euro kostete.

Auf ein kurzes Intermezzo unter dem Gastronomen Werner Weber, der im Jahr 2004 aufgeben musste, folgte als Pächter ein verheißungsvoller Name: das Hofbräuhaus Traunstein. Und wieder einmal blieb der Erfolg aus. Die Traunsteiner hatten zur allgemeinen Verwunderung die Schranne an einen Unterpächter weiter gegeben und sich erstaunlich lustlos präsentiert. Mehrere Unternehmer scheiterten. Das ambitionierte Projekt zur Belebung der Altstadt war in der öffentlichen Wahrnehmung inzwischen zur Lachnummer geworden. Die Stadt, so spotteten die Dachauer hinter vorgehaltener Hand, hat Millionen von Euro in eine tote Immobilie investiert, für deren Betrieb sie kein funktionierendes Konzept zu Wege bringt.

Spätestens, als im Jahr 2008 abermals ein Unterpächter aufgeben musste und die Schranne leer stand, machte die Stadt dem Hofbräuhaus Traunstein konkrete Vorwürfe und forderte ein "griffiges" Konzept, wie es der damalige Dachauer Hauptamtsleiter Günther Domcke formulierte. Die Kritik perlte am Hofbräuhaus Traunstein weitestgehend ab. Der damalige Geschäftsführer warf Oberbürgermeister Bürgel stattdessen vor, das Versprechen, das Hofbräuhaus dürfe auch die Bewirtung des Dachauer Volksfests übernehmen, nicht eingehalten zu haben.

Es geschah schließlich lange Zeit nichts - bis im Jahr 2010 der Dachauer Gastronom Michael Maurer und seine Geschäftspartnern Matthias Rohleder und Lars Stadlbauer die Schrannenhalle übernahmen. Die Stadt Dachau entwarf mit den neuen Pächtern ein Konzept mit Gastronomie, Kunstgalerie und Kleinkunstbühne in einem Haus. Die vormalige Markthalle firmierte fortan unter dem Namen Kulturschranne im Alten Schulhaus. Nach einem verheißungsvollen Start aber konnte die gut laufende Kleinkunstbühne die immer schlechter gehende Gastronomie im Erdgeschoss nicht mehr auffangen. Die Bargenuss und Esskultur GmbH kündigte im Sommer 2015 den Pachtvertrag zum Jahresende.

Von Ende Mai an wird sich nun die erst 28-jährige neue Pächterin Christiane Liebhart an dem Prestigeobjekt in der Dachauer Altstadt versuchen.

© SZ vom 26.03.2016 / emo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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