Tierheim Dachau:"Ich weiß nicht, wie wir uns weiterhin finanzieren"

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Die Kaninchen im Dachauer Tierheim haben Zuwachs bekommen, zuletzt von drei Zwergkaninchen, die am Karlsfelder See ausgesetzt wurden. Der Tierbestand wird stetig größer, außerdem machen Preiserhöhungen dem Tierheim zu schaffen. (Foto: Toni Heigl)

Die Kosten steigen, die Einnahmen aber nicht. Das macht dem Dachauer Tierheim zu schaffen. In der Politik denkt man nun über eine höhere Fundtierpauschale nach.

Von Eva Waltl, Dachau

Drei ausgesetzte Zwergkaninchen werden am Karlsfelder See gefunden, der ehrenamtliche Notdienst des Tierschutzvereins Dachau fängt sie ein und kümmert sich um die Versorgung. Elf herrenlose Katzen werden gemeldet, das Tierheim holt sie ab und übernimmt die Tierarztkosten. "Das ist unser Tierheimalltag", so beschreibt die Vorsitzende des Dachauer Tierschutzvereins, Silvia Gruber, die vergangenen Tage. Der Tierbestand wird stetig größer, Preiserhöhungen machen dem Tierheim immer mehr zu schaffen. Sie fordert mehr Unterstützung für das Tierwohl und die Arbeit der Tierpfleger. Ein Hilfeschrei, der laut Bundestagsabgeordneter Beate Walter-Rosenheimer (Bündnis 90/Grünen) "nicht überhört werden darf". Ihr Vorhaben: Eine deutliche Erhöhung der Fundtierpauschale, um die Versorgung der Tiere im Landkreis Dachau weiter zu sichern.

Beate Walter-Rosenheimer besuchte mit den Grünen-Kreisvorsitzenden Karin Beittel und Alexander Heisler das Dachauer Tierheim. Ihre Eindrücke seien allesamt "erschreckend", so Heisler. Es war ohnehin bereits bekannt, dass die Situation des Tierheims prekär sei, dass es aber so schlecht um es stehe, habe sie geschockt, sagt Heisler: "Es war ein Besuch, der einen sehr traurig stimmt."

Rosig war die finanzielle Lage des Tierheims nie, aber jetzt ist es dramatisch

Gruber freut sich über das politische Interesse an den Schicksalen der Tiere. Sie arbeitet seit 29 Jahren für den Dachauer Tierschutzverein, rosig sei die finanzielle Lage wahrlich nie gewesen, räumt sie ein. Nun treffen die Erhöhung des Mindestlohns, die Energiekrise und vor allem die Preiserhöhungen bei Tierfutter und - bedarf das Tierheim aber immens hart. Auch die Gebühren für die medizinische Versorgung sind um 20 Prozent gestiegen. "Die Eingangsuntersuchung einer Katze kostete in der Vergangenheit neun Euro, nun sind es 24 Euro", so Gruber. Das bereits gebeutelte Tierheim steht vor ernsten finanziellen Schwierigkeiten. "Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, weil ich nicht weiß, wie wir uns weiterhin finanzieren sollen", sagt sie.

Das Tierheim benötigt immer noch Geld. Die kalkulierbaren Einnahmen, erklärt Gruber, lägen bei 250 000 Euro. Diese bestehen aus Mitgliederbeiträgen und der Fundtierpauschale. "Der Bedarf liegt jährlich bei etwa 800 000 Euro", so die Vorsitzende, Tendenz steigend. Die Rücklagen sind weitgehendst aufgebraucht, auch weil der Multikomplexbau teurer war als kalkuliert. Ewig würden die Rücklagen das Tierheim nicht über Wasser halten können, so Gruber. Walter-Rosenheimers Forderung nach einer höheren Fundtierpauschale könnte eine Lösung sein.

Aktuell liegt diese bei 1,50 Euro je Einwohner und Jahr abzüglich Mehrwertsteuer, die von den Gemeinden an das Tierheim gezahlt werden. Damit die Kosten des Tierheims gedeckt werden, brauche es eine Pauschale von 3,68 Euro, kalkuliert Gruber. Dass sich die Bundestagsabgeordnete nun des Themas annimmt, sieht Gruber als wichtigen Schritt, obgleich sie weiß, dass der Betrag nur schwer zu erreichen ist. Dem stimmt auch Heisler zu: "Die Gemeinden und Menschen sind aufgrund der Corona-Pandemie und wegen des Krieges bereits belastet. Der Tierschutz darf aber nicht vergessen werden."

Der Petershausener Bürgermeister sieht eine höhere Pauschale als "kommunale Pflicht"

Marcel Fath, Bürgermeister von Petershausen (FW), hat sich des Themas bereits angenommen: Die Anhebung der Fundtierpauschale sieht er als "kommunale Pflicht", die unbedingt erfüllt werden müsse. In welcher Höhe allerdings, müsse noch erarbeitet werden. Ohnehin, fügt der Bürgermeister hinzu, genüge es nicht, einfach mehr Geld aufzubringen, vielmehr müsse die Gesellschaft ein höheres Bewusstsein für das Tierwohl entwickeln: "Tiere werden abgegeben, als seien sie Spielzeug, das man nicht mehr möchte." Auch Gruber zählt immer mehr Tierabgaben und erwartet aufgrund der steigenden Preise erneut eine Welle auf das Tierheim zukommen. "Wir rechnen, dass jetzt auch viele Reptilien abgegeben werden, da sich die Halter den Strom für das Terrarium schlichtweg nicht mehr leisten können."

In einer Gesprächsrunde vergangene Woche versuchte Fath mit Landrat Stefan Löwl (CSU), dem Karlsfelder Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) und Hebertshauser Bürgermeister Richard Reischl (CSU) und dem Tierheim das Geldproblem des Tierschutzvereins zu lösen. Keine leichte Aufgabe, wie Fath erklärt, man sei aber fest entschlossen, es "endlich besser zu machen". Wann, ist ungewiss.

Indes hat Gruber in ihrer jüngsten Notdienstnacht erneut eine angefahrene Katze in die Tierklinik gebracht. Sie sehnt den Tag herbei, an dem die Gemeinden sich auf eine dauerhafte Erhöhung der Fundtierpauschale einigen, und der Tierschutz mehr Anerkennung erfährt. An eine Schließung will sie trotz aller roter Zahlen nicht denken: "Eine Insolvenz steht noch nicht unmittelbar vor der Tür." Würde sich nichts ändern, werde dieses Zukunftsszenario in einigen Jahren aber eintreten, stellt sie klar und appelliert an die Dachauer: "Jede noch so kleine Spende, sei es nur ein bisschen Grünfutter für die Häschen oder eine Packung Waschmittel, hilft uns."

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