Dachau:Reiter fordern schärferes Tempolimit

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Mehr Sicherheit für Mensch und Tier fordern die Reiter vom Pferdehof. Für sie ist es gefährlich, die Landstraße zu überqueren. (Foto: Toni Heigl)

Mit einer Petition wollen sie den Stadtrat dazu bewegen, den Verkehr auf der Landstraße am Pferdehof in Pellheim zu bremsen.

Von Petra Schafflik, Dachau

Die meisten Autofahrer gehen vom Gas, sobald sie die Menschentraube sehen, die sich beim Pellheimer Gerblhof versammelt hat. Nur Einzelne rauschen rasant vorbei, schließlich ist Tempo 100 erlaubt auf Landstraßen. Und genau das ist das Problem: Wer vom Pferdehof zum gegenüber liegenden Freigelände will, muss diese Straße queren. "Ein Himmelfahrtskommando", sagt die Sprecherin der Stallgemeinschaft, Carolin Unger. Auch mit Traktor und Ladehänger aus der Hofeinfahrt zu fahren, sei riskant, ergänzt Jessica Kranz vom Gerblhof. Weil sie mehr Sicherheit möchten, "für Mensch und Tier", forderte die Stallgemeinschaft der Reiter nun per Online-Petition eine Geschwindigkeitsbeschränkung beim Pferdehof. Binnen weniger Wochen der zweite Anlauf in dieser Sache: Ein Antrag auf Tempo-Limit von Stadtrat Wolfgang Moll (parteilos) ist im Juni im Umwelt- und Verkehrsausschuss gescheitert. "Unverständlich", finden diese Ablehnung die Petenten, die 419 Unterschriften gesammelt haben und nun Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) zum Ortstermin begrüßen.

Patt im Stadtrat

Schon vor dem Treffen ist klar: Den Rathauschef müssen die Bürger nicht überzeugen. Der OB hatte sich bei der Abstimmung mit den Fraktionen von SPD, ÜB, Bündnis für Dachau, Grünen und dem parteilosen Stadtrat Moll für ein Tempo-Limit ausgesprochen. Gegenstimmen kamen von CSU, Freien Wählern und den Bürgern für Dachau. Weil die Abstimmung mit einem Patt endete, wurde der Antrag abgelehnt. "Diese Entscheidung muss ich umsetzen, das ist Demokratie", bittet Hartmann die erzürnten Reiter und Pferdefreunde nun um Verständnis.

Dennoch erklärt Jessica Kranz, auf deren Hof Pferde von Reitern aus dem Landkreis und der Region München eingestellt sind, die Verkehrsgefahr vor ihrer Haustür: Weil Autofahrer die kleine Straße zwischen Assenhausen und Pellheim als Schleichweg aus dem Raum Indersdorf in den Münchner Norden nutzen, ist die Verkehrsbelastung in der Rushhour groß. Und nachdem der Gerblhof zwischen den beiden Dörfern liegt, gilt dort kein Tempo-Limit. Zwar steht vor der Reitanlage ein Warnschild mit dem Textzusatz "Achtung Reiter - Langsam fahren - Pferde scheuen". Ein Gefahrenhinweis, der laut Straßenverkehrsordnung restriktiver wirkt als jede Geschwindigkeitsbeschränkung. Autofahrer müssten notfalls Schritt fahren, wenn Pferde am Straßenrand unterwegs seien, erläuterte der Oberbürgermeister den Bürgern die Rechtslage. Genau deshalb hätten die Verkehrsexperten der Polizei von einer Geschwindigkeitsbeschränkung abgeraten. Ein Schild "50" suggeriere, dass Tempo 50 immer erlaubt sei.

"Jede Woche gibt es Vorfälle"

Die Erfahrung der Bürger ist eine andere: "Das Schild nimmt doch keiner ernst." Vielmehr werde viel zu schnell gefahren, auch LKW rasten vorbei, was im Begegnungsverkehr zu gefährlichen Beinahe-Karambolagen führe. Die Straße ist wegen einer scharfen Kurve von Assenhausen her am Gerblhof schlecht einsehbar. "Der Verkehr wird immer mehr, jede Woche gibt es Vorfälle", sagt Jessica Kranz. Zudem hat der hilfreich gemeinte Antrag von Stadtrat Moll jetzt sogar noch zu einer Verschärfung der Lage geführt: Bisher galt für die kleine Straße Im Anger, die nach dem Pferdehof einmündet, noch "rechts vor links". Fahrzeuge mussten Vorfahrt gewähren und entsprechend bremsbereit sein. Doch die Verkehrsexperten empfahlen in ihrer Stellungnahme, diese für Überland-Strecken unübliche Regelung aufzuheben. Das wurde nun umgesetzt, die Landstraße hat Vorfahrt. "Völlig kontraproduktiv, jetzt müssen Autofahrer noch weniger aufpassen", schimpfen die Bürger.

Auch der Oberbürgermeister hat zwar seine Zweifel, ob ein Tempo-Limit stärker respektiert würde als das Achtung-Pferde-Schild. Doch eine Geschwindigkeitsbeschränkung ließe sich immerhin einfacher überwachen. Die Reiter und Pferdefreunde wollen nun noch die Stadträte überzeugen, die gegen das Tempo-Limit gestimmt haben. Und setzen Hoffnungen in ihre Petition. Diese Online-Eingabe hat zwar rechtlich nicht die Bedeutung, wie sie etwa ein Bürgerantrag hätte. Dennoch will der Oberbürgermeister das Thema, das offenbar so viele Leute bewegt, auf Basis der Petition noch einmal im Verkehrsausschuss zur Diskussion stellen. "So offen sind wir schon." Aber Hartmann warnt auch vor zu großer Zuversicht: Selbst ein Stadtratsbeschluss pro Tempo-Limit sei noch keine Garantie. "Die Polizei kann Widerspruch einlegen und einen Stadtratsbeschluss wieder aufheben", erklärt der OB. Die Pferdefreunde vom Gerblhof bleiben dennoch optimistisch.

© SZ vom 17.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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