Dachau:Sexpraktiken vor Gericht

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Amtsgericht spricht Ehemann vom Vorwurf der Nötigung frei, denn seine Frau teilte nachweislich dessen Wünsche

Von Benjamin Emonts, Dachau

Ein Ehepaar aus dem Landkreis Dachau traf sich im Jahr ein bis zwei Mal mit einem Mann ihrer Wahl zum Sex. So zumindest schildert der Ehemann die sexuelle Neigung von sich und seiner Frau. Inzwischen ist das Paar zwar getrennt, aber nicht geschieden. Und wie so oft, wird seit der Trennung schmutzige Wäsche gewaschen. Die Ehefrau zeigte ihren früheren Gatten zweimal wegen Stalkings und sexueller Nötigung an. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen in beiden Fällen ein. Eine dritte Anzeige, welche die Tante der Ehefrau erstattet hatte, wurde jetzt vor dem Dachauer Amtsgericht verhandelt - und endete mit einem Freispruch.

Laut Anklageschrift hatte sich der 51-jährige Angeklagte der versuchten Nötigung strafbar gemacht. Er soll im August des vergangenen Jahres der Tante seiner Ehefrau gedroht haben, ein obszönes Bild ihrer Nichte in die Briefkästen im Ort zu werfen, falls die Frau sie nicht davon überzeugen könne, zu ihm zurückzukommen. Die Ehefrau war nach der Trennung bei ihrer Tante eingezogen. Die Darstellung des Angeklagten war jedoch eine völlig andere. Am Tag des besagten Telefonats sei eine Verfügung des Dachauer Amtsgerichts bei ihm eingegangen. Seine Frau erhob darin Anspruch auf die gemeinsame Ehewohnung. Schließlich griff der Angeklagte zum Hörer, um die Angelegenheit mit seiner Frau zu klären. Die Tante allerdings wollte sie nicht ans Telefon holen. Stattdessen, so der 51-Jährige, habe sie ihm "ungeheuerliche Vorwürfe" gemacht. So soll er seine Frau 15 Jahre lang zu Geschlechtsverkehr mit Dritten genötigt haben, teilweise ungeschützt. Dies jedoch stritt der 51-Jährige vehement ab. Der Sex zu dritt sei eine beidseitige sexuelle Neigung gewesen, wofür die Frau eigens Männer "akquiriert" habe. Mit dem intimen Bild seiner Frau habe der Angeklagte deren Tante schließlich von der Freiwilligkeit seiner Frau überzeugen wollen. Denn das Foto, das dem Gericht vorlag, zeigte die Frau in eindeutiger Pose, mit einer Hand ein Telefon haltend. Unmittelbar bei der Akquise sozusagen.

Der Angeklagte beteuerte vor Gericht, dass er die Bilder keinesfalls habe einsetzen wollen, um seine Frau geschweige denn die Tante zu nötigen. Um das Gericht vom beidseitigen Einverständnis zu den sexuellen Handlungen zu überzeugen, legte der Mann Chat-Nachrichten vor. Sie wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Gerichtssaal verlesen und enthielten nach Auskunft der Staatsanwaltschaft eindeutige Inhalte, welche das beidseitige Einverständnis und die Eigeninitiative der Frau zum Gruppensex dokumentierten. Im Gegensatz zu ihrer Aussage bei der Polizei konnte sich die Tante vor Gericht dann auch nicht mehr an die Nötigung erinnern. Die Anzeige habe sie erstattet, weil sie Angst um die beiden Kinder des Ehepaares gehabt habe. "Auf dem Dorf wird ja viel gequatscht." Die völlig aufgelöste Ehefrau kam um eine Aussage vor Gericht herum. Auch ohne sie war der Fall für die Staatsanwaltschaft und Amtsrichter Tobias Bauer eindeutig. Eine versuchte Nötigung sei dem Angeklagten nicht nachzuweisen. Die Ehefrau hat inzwischen einen Polizisten zum Freund. Er war nach Auskunft des freigesprochenen Angeklagten der letzte Mann, der mit dem früheren Ehepaar gemeinsam Sex hatte.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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