Dachau:Schwerelos

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Ein Seeigel aus Papier von Barbara Kleiber-Wurm im Wasserturm. (Foto: Toni Heigl)

Die Papierkunst von Barbara Kleiber-Wurm, die aus Karlsfeld stammt, im Dachauer Wasserturm

Von Bärbel Schäfer, Dachau

Wie vom Sturm zerzaust scheint das kleine Papierobjekt den Kräften der Natur zu trotzen. Die schmalen, zu einer kompakten rundlichen Form verbundenen Papierstreifen flattern im scharfen Wind und halten seinem Zerren stand. Das ist das Geheimnis der Papierobjekte von Barbara Kleiber-Wurm: Trotz ihrer Fragilität und Leichtigkeit strahlen sie eine innere Stabilität und Beständigkeit aus.

Für ihre Papierobjekte, die im Wasserturm auf Sockeln platziert sind oder an unsichtbaren Fäden von der Decke hängen, verwendet sie dünnes Transparent- oder Seidenpapier. Sie reißt, rollt, dreht und knetet das Papier und verbindet es mit Leim zu Schichten - alles mit der Hand und ohne Werkzeug. Beim Modellieren der fragilen Formen lässt sie sich von der Natur inspirieren. Man denkt an Waben von Insekten, Gehäuse von Meerestieren, feinporige Schwämme, fedrige Lebewesen, Quallen, Nester, feines Treibholz. Im Raum schwebend und bei jedem Luftzug tanzend werfen die Objekte zwischen den Bildern von Barbara Kleiber-Wurm interessante Schatten an die Wände. Dabei geht es der Künstlerin nicht um die Assoziationen, die man damit verknüpft: Das Nest, das Schutz und Rückzugsmöglichkeit bietet, oder die Wabe als Ort der Aufzucht und Aufbewahrung. Barbara Kleiber-Wurm verfolgt in ihrer Ausstellung "Leicht und bewegt im Raum" einen bestimmten ästhetischen Ausdruck. Um die Schwerelosigkeit der organisch geformten Papierobjekte zu betonen, stellt sie ihnen Schwere entgegen: Aus Papier geformte Steine und Kiesel, naturalistisch und auf Sockeln zu Häufchen getürmt. Ein großer, grauer Stein hängt, mit der verblüffenden Wirkung seiner optischen Schwere spielend, ebenfalls am Faden von der Decke.

Barbara Kleiber-Wurms Bilder sind ebenfalls schwerelos. Sie verbindet lyrisch-gestische Abstraktion und tachistische Elemente mit der Linearität der Grafik. Oft sind die Formen der Papierobjekte in den Bildern zu entdecken: Netzartige Gespinste, schwebend sich durchdringende Linien, die sich vor dem hellen farbigen Grund verdichten und wieder entflechten. Farbsetzungen in leuchtendem Pink vor einem hellen Grund sind flüchtige Zeichen in einem weiten Raum. Entfernt erinnern die Bilder an eine Mischung aus den grafischen, schwarzen Linienspielen von Hans Hartung und den lyrischen Kritzeleien des Amerikaners Cy Twombly.

Barbara Kleiber-Wurms Bilder haben einen ästhetischen Klang, der im Zusammenspiel mit den Papierobjekten eine zauberhafte Wirkung erzeugt. Das kleine zerzauste Knäuel hängt vor Bildern, die von Sibirien beeinflusst sind. In Himmelsfarben beschwören sie die Kraft und die Zartheit der Elemente.

Die Ausstellung im Wasserturm ist noch geöffnet am Samstag und Sonntag, 23. und 24. April, jeweils von 14 bis 18 Uhr.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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