Dachau:Ruhe und Versenkung

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Patrick Messina (Klarinette), Raphael Perraud (Violoncello) und Paloma Kouider am Klavier im Dachauer Schloss. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Patrick Messina, Raphael Perraud und Paloma Kouider gelingt eine wunderbare Aufführung von Brahms Klarinettentrio

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Drei französische Musiker, zumeist am Pariser Conservatoire ausgebildet, bestritten das Dachauer Schlosskonzert für den Monat Februar und spielten nur deutsche Musik, noch dazu die "allerdeutscheste", nämlich Musik der deutschen Romantik von Mendelssohn bis Brahms mit Robert Schumann als Zentrum. So sah jedenfalls das Programmheftchen aus: ein kurzer Mendelssohn als Beginn, drei Schumann-Stücke hintereinander, zuletzt Brahms. Im Konzert erwies sich die Reihe der relativ kurzen, vor allem aber leichtgewichtigen Stücke nur als Hinführung zu einem unendlich schönen und ebenso schön gespielten Werk von Johannes Brahms, dem Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier a-Moll op. 114.

Für dieses Stück griff Brahms im Sommer 1891 in Bad Ischl noch einmal zur Feder, nachdem er sein Komponieren eigentlich schon aufgegeben und "energisch beschlossen" hatte, "nichts mehr zu schreiben". Doch dann begegnete er in Meiningen Richard Mühlfeld, dem Klarinettisten der dortigen Hofkapelle, laut Brahms "der beste Meister seines Instruments", dessen faszinierend schönes Spiel ihn zu seiner letzten Kammermusik begeisterte. Es sind dies das Klarinettentrio op. 114, das Klarinettenquintett op. 115 und die beiden Klarinettensonaten op. 120. Das Quintett hat das Trio so sehr in den Schatten gestellt, dass dieses bezaubernde Werk - immerhin später Brahms! - im Dachauer Schloss noch nie zu hören war. Jetzt endlich durfte das Publikum der Schlosskonzerte an dieser ersten Frucht der Begegnung von Brahms mit der Klarinette teilnehmen.

Die Violine der normalen Klaviertrio-Besetzung mit ihrer strahlenden Schönheit ist durch die dunklere, melancholisch wirkende Klarinette ersetzt. Brahms liebte vor allem die Romantik und träumerische Schönheit der tiefen Klarinettentöne. So schrieb er einen melancholischen Rückblick in herbstlichen Farben, in dem auch noch, etwas wehmütig, Klänge des Biedermeier auftauchen. In diesem Werk und auch in der Ausführung im Dachauer Schloss sind alle drei Instrumente absolut gleichwertig behandelt in einem Ton der Ruhe und Versenkung. Alles Überschwängliche und Laute wird vermieden, nicht einmal das Klavier darf unangemessen auftrumpfen. "Es ist als liebten sich die Instrumente", hatte sein Freund Eusebius Mandyczewski aus Wien an Brahms geschrieben. Patrick Messina (Klarinette), Raphael Perraud (Violoncello) und Paloma Kouider am Klavier vereinigten sich zu einem ergreifend innigen Musizieren, zu einem Schwelgen in Klängen und Kantilenen.

Unter den als Brahms-Vorspiel aneinandergereihten Schumann-Stücken beanspruchten die Fantasiestücke op. 73 für Klarinette und Klavier noch am ehesten eigenen Stellenwert. Hier zeigt sich Schumann vom Klarinettenton auf seine Weise beflügelt; nicht der herbstlich melancholische Ton ist es, sondern der in seiner Romantik auch virtuos bewegliche und begeisternde. "Fünf Stücke im Volkston op. 102" für Violoncello und Klavier aber blieben trotz der meisterhaften und musikalisch durchdachten Wiedergabe des Cellisten Raphael Perraud problematisch. Welcher "Volkston" da Robert Schumann vorschwebte, ist bis heute unerklärlich. "Adagio und Allegro op. 70" hat Schumann für Horn und Klavier geschrieben, aber die Cellisten lieben dieses schwungvolle, auch für sie dankbare Stück.

Gespielt wurden alle drei Schumann-Stücke und das Konzertstück op. 114 von Mendelssohn, das dieser für Klarinette, Bassetthorn und Klavier komponiert hat, sehr schön, wenngleich sich das Bassetthorn eigentlich nicht durch Violoncello ersetzen lässt - der Verlust an Charakteristik ist zu groß. Aber als Programmfolge war es recht flach und konservativ. Französisches kam erst mit der Zugabe zum Zug, das Trio spielte ein Stück von Gabriel Fauré - auch Romantik, aber wenigstens etwas anders gewürzt.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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