Radsport in Dachau:Rasantes Spektakel

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3000 Zuschauer erleben beim Bergkriterium in der Dachauer Altstadt ein spannendes Finale

Von Benjamin Emonts, Dachau

Hannes Baumgarten reißt siegessicher die Arme nach oben. Der groß gewachsene Radfahrer vom Team Baier Landshut hat sich völlig verausgabt, seine Muskeln sind übersäuert, der Sauerstoff ist knapp. Ausgerechnet jetzt muss er im Ziel feststellen, dass das Rennen noch gar nicht vorbei ist. Auf der letzten Runde, es gibt dafür die doppelte Punktzahl, zieht der Sieger von 2014, Marcel Fischer, nach Punkten an ihm vorbei. Nun reißt Fischer die Arme nach oben. Wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten.

Das bereits 65. Dachauer Bergkriterium, eines der populärsten und das wohl anspruchsvollste Rad-Event Bayerns, hat wieder einmal ein würdiges Finale vor 3000 Zuschauern in der Dachauer Altstadt erlebt. Der geschlagene Zweite rang nach den 44 Runden nach Luft. "Ich bin jetzt das dritte Mal hier und jedes Mal habe ich mir geschworen, nicht mehr wieder zu kommen. Dachau ist das härteste Kriterium in ganz Deutschland", sagte er einerseits stolz, andererseits enttäuscht, auf der letzten Runde noch eingeholt worden zu sein.

Kräftezehrende Anstiege

Die hochsommerlichen Temperaturen, die kräftezehrenden Anstiege und die schwierigen Abfahrten auf dem Kopfsteinpflaster der Dachauer Altstadt haben den 100 Teilnehmern am Elite-Rennen wieder alles abverlangt. Einige Fahrer, darunter der Lokalmatador Sven Harder vom veranstaltenden Radsportverein Soli Dachau, stellten ihr Rad erschöpft ab, lange bevor das Rennen zu Ende war.

Im Gegensatz zu einem Rundstreckenrennen, wo derjenige gewinnt, der als Erster die Gesamtdistanz zurücklegt, sammeln die Radfahrer bei einem Kriterium Wertungspunkte. In Dachau müssen sie insgesamt 44 Runden zu je 1,375 Kilometern abspulen, macht insgesamt eine Strecke von 60,5 Kilometern. Trotz der steilen Anstiege absolvierten die Radfahrer, unter denen sich zahlreiche Halb-Profis tummelten, den schwierigen Kurs mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 40 Kilometern pro Stunde. Der Sieger Marcel Fischer vom Team Racing Students benötigte für die Gesamtdistanz etwas mehr als eine Stunde und 27 Minuten. Dass die Konkurrenz im vergangenen Jahr um knapp zwei Minuten schneller war, dürfte an den hohen Temperaturen gelegen haben. Denn das Starterfeld, da war sich Soli-Vorsitzender Wolfgang Moll sicher, war "so stark wie lange nicht mehr".

Urbayerische Stimmung

Der Rennmodus sieht bei den Elitefahrern nach jeder vierten Runde eine Wertung vor. So erhält der Erste am Ende einer Wertungsrunde fünf Punkte, der Zweite drei, der Dritte zwei und der Vierte einen Punkt, wobei die letzte Runde doppelt gezählt wird, um bis zum Schluss Spannung zu erzeugen. Hannes Baumgarten dominierte das Feld als Ausreißer phasenweise, vor der letzten Wertung hatte er zwei Punkte Vorsprung auf Fischer und den zweiten Platz bereits sicher. Fischer bog dann aber als Erster um die Kurve und entschied die letzte Wertung für sich, während Baumgarten ausgepumpt zurückfiel. Nach einem lauten Jubelschrei wurde Fischer von seinen Teamkollegen herzlich umarmt. "Die Stimmung ist urbayerisch hier", schwärmte er. "In Dachau gewinnen zu dürfen, ist eine große Ehre", sagte der baden-württembergische Straßenmeister.

Timon Loderer aus Arnbach fuhr ein solides Rennen am Ende des Hauptfeldes. Das namhaft besetzte Teilnehmerfeld ist derzeit zu stark, als dass ein Einheimischer triumphieren könnte. Bei den Senioren belegte der Soli-Fahrer Andreas Fischer im Senioren-Rennen einen beachtlichen 15. Platz. Weitaus erfolgreicher war der Nachwuchs der Soli. Seit drei Jahren betreibt der Verein für die Kleinen eine Radsportschule. Nino Karlos, erst sieben Jahre alt, holte sich den dritten Platz im Fette-Reifen-Rennen. Im Ziel gab er routiniert ein Interview. Was das Bergkriterium ausmacht? "Ein bisschen schwierig ist es den Berg hoch. Aber nach unten geht's ganz leicht." Alle Ergebnisse auf www.soli-dachau.de.

© SZ vom 16.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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