Dachau:Prunk und Prosit

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Der Dachauer Musiker Jürgen Rothaug knüpft an die fürstliche Pracht längst vergangener Zeiten an: Die Renaissance-Feste erleben mit "Carmina Burana" im Dachauer Schloss eine fröhliche Wiedergeburt.

Adolf Karl Gottwald

Die Feste der bayerischen Herzöge, etwa die von Orlando di Lasso geleiteten auf der Landshuter Burg Trausnitz, später die Seefeste auf dem Starnberger See, sind Legende. Auch im Wittelsbacher Schloss Dachau mit seinem prächtigen Renaissance-Festsaal dürfte es hoch hergegangen sein. Jetzt hat Jürgen Rothaug an die fürstliche Pracht dieser vergangenen Zeiten wieder angeknüpft und dort ein wahres Renaissance-Fest gefeiert. "Renaissance", zu deutsch "Wiedergeburt", darf man hier wörtlich nehmen. Am vergangenen Wochenende erlebten die rauschenden Feste eine fröhliche Wiedergeburt. Wie einst wurde unerhörter Aufwand getrieben: Musikalische Ensembles, Solisten, Chöre, Tänzer - an die 70 Mitwirkende und alle in prächtigen, historischen Kostümen. Man kann sie gar nicht alle nennen, die vielen Gestalter dieses Festes, von den überragenden Gesangssolisten Carina Ellerhoff und Virgil Mischok, der Neuburger Hofmusik und den Neuburger Hoftänzern bis hin zum fröhlich und tapfer lateinisch singenden Kinderchor der Klosterschule Dachau.

Ein Aufwand wie anno dazumal: Die Mitwirkenden des Renaissance-Festes traten in historischen Kostümen auf. (Foto: DAH)

Das Programm dieses Festes waren nämlich "Carmina burana". Das wäre auch für ein Renaissance-Fest in historischer Zeit ein sehr schönes, begeisterndes Programm gewesen, denn die als "Carmina burana" bekannt gewordene Liedersammlung hat es ja längst gegeben, sie war nur noch nicht entdeckt und lag (bis 1803) in der Bibliothek des Klosters Benediktbeuren versteckt. Jetzt aber hat man sie und noch dazu Musik von Carl Orff, durch den sie heute berühmt geworden ist. Alsdann: Die Wiedergeburt eines höfischen Renaissance-Festes auf der Grundlage der spätmittelalterlichen Lebenslust, auf die man seinerzeit noch verzichten musste.

Das glanzvolle Fest begann - wie es sich gehört - mit einer festlichen "Intrade" aller Beteiligten, worauf sogleich der erste Tanz der von der Neuburger Hofkapelle begleiteten Neuburger Tänzer folgte. Das war noch Renaissance pur. Dann aber hielt man sich an die "Carmina burana" von Carl Orff und besang zunächst Fortuna, die Göttin des Schicksals, und sonore Männerstimmen erinnerten auch an die Wunden, die Fortuna schlagen kann. Bei einem Fest der Freude hält man sich dabei aber nicht lange auf und geht schnell zu den "Freuden des Frühlings und der Liebe" über. Das kennt man größtenteils von Orff. Was dem Dachauer Fest aber eine besondere Note verlieh, war die Einlage "Heimkehr der Kreuzfahrer und bacchatisches Trinkgelage". Da stand nun das Palästinalied von Walther von der Vogelweide mitten unter den "Carmina burana" - und passte musikalisch genau. Dass die Heimkehrer sofort zu saufen begannen, passte in jeder Hinsicht ins Bild.

Die von dem pittoresken Einzug der Kreuzfahrer unterbrochenen Gesänge um Liebesleid und Liebesfreud wurden lustvoll wieder aufgenommen, wobei der Dachauer Kinderchor dem "Ecce gratum" (Sieh, der holde Frühling kommt wieder) eine besonders frohe und frische Färbung gab, während in der Klosterschänke trunkene Mönche, die ihnen versagte Sinnlichkeit kompensierend, sich auf ihre Weise berauschten. Plötzlich erklang ein Trauermarsch, so jämmerlich wie von einer Dorfkapelle bei einer Beerdigung oder zu Allerheiligen auf dem Friedhof, und herein gebracht wurde in einer riesigen Bratpfanne ein gebratener Schwan, der sein Schicksal furchtbar kläglich besang.

Das Fest steuerte seinem Höhepunkt zu, auf "Venus und Fortuna, die Göttinnen der Liebe und des Glücks". Die Saaltüre öffnet sich, und Fortuna fährt auf einem römischen Triumphwagen herein, freundlich lächelnd und winkend, bildschön und attraktiv. Dass sie auch ein böses Gesicht machen und Wunden schlagen kann, das zeigte sie den hingerissenen Besuchern dieses Renaissance-Festes nicht.

© SZ vom 12.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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