Dachau:Politische Botschaften

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Flankiert von Glück bringenden Kaminkehrmeistern: Kreishandwerksmeister Ulrich Dachs, Festredner Lothar Ebbertz und Sparkassenvorstand Hermann Krenn. (Foto: Heigl)

Auf dem Neujahrsempfang mahnt Kreishandwerksmeister Ulrich Dachs zur Besonnenheit im Umgang mit Flüchtlingen

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Am Ende war es ein Abend der gemischten Gefühle. Eigentlich war die Nachricht der Redner beim Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft im Sparkassensaal klar: Das Handwerk steht gut da. Die Zahl der Betriebe ist 2015 gewachsen, die Auftragslage war stabil und am Ende des Jahres stand eine schwarze Null. Auch bei der Nachwuchsförderung sind die Handwerksbetriebe stark. Mehr als 40 Prozent aller Auszubildenden im Landkreis entfallen auf sie. "Und doch war es kein Jahr wie 2014", sagte Kreishandwerksmeister Ulrich Dachs.

Immer wieder sprach er von einer spürbaren Unruhe unter den Kollegen, die zum Teil durch die außerordentlich hohe Arbeitsbelastung bedingt worden sei, zum anderen durch Lieferengpässe. Auch die Regionalmesse Diva habe die Erwartungen nicht erfüllt, die Stimmung sei am Ende gedrückt gewesen. Doch Dachs machte nicht nur interne Entwicklungen als Unruhefaktor aus, sondern bezog sich auch auf die Ankunft vieler Flüchtlinge in Deutschland. So blieb auch der Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft nicht unberührt von den Ereignissen der vergangenen Monate.

Mindestlohn, Dokumentationspflichten für Betriebe oder Reformen bei der Erbschaftssteuer, sonst die Paradethemen bei Innungstreffen, fehlten. Stattdessen positionierte sich Dachs klar gegen rechte Polarisierer. "Hetzparolen und Gewalt", sagte er, "sind und werden nie die Lösung sein." Er ging auch auf die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten ein. "Auch wenn unser Vertrauen missbraucht wurde, dürfen wir nicht generell verurteilen", sagte er. Man müsse jetzt aufeinander zugehen. Westliche Wertvorstellungen auf Biegen und Brechen durchsetzen zu wollen, sei nicht der angemessene Weg. Für manche Menschen, die nach Deutschland kämen, seien sie nicht auf Anhieb greifbar. Damit mahnte der Kreishandwerksmeister zur Besonnenheit im Umgang mit Flüchtlingen und forderte zum Zusammenhalt auf.

Landrat Stefan Löwl (CSU) und Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) nutzten die Veranstaltung, um in ihren Grußworten neben ausführlichem Lob für das Handwerk politische Botschaften unterzubringen. Löwl, für den die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern zur primären Aufgabe im beruflichen Alltag geworden ist, bat um Unterstützung der Handwerksbetriebe bei der Ausbildung von jungen Flüchtlingen. Er bezeichnete sie als "motiviert, lernbereit und dankbar". So könne auch der Fachkräftemangel teilweise aufgefangen werden, der vor allem in der Metropolregion München mit ihren vielfältigen Angeboten spürbar sei, sagte Löwl. Der Landrat appellierte an die Betriebe, sich auf Jobmessen und auf anderen Kanälen zu präsentieren und Bildungsinitiativen wie den vergangenes Jahr gegründeten Mint-Campus zu unterstützen. "Bei uns im Landkreis lässt es sich gut leben, lernen und arbeiten", schloss er. Dazu trage das Handwerk viel bei.

Hartmann forderte von seinen kommunalpolitischen Kollegen des Landkreises, Handwerksbetriebe nicht nur in wohlwollenden Reden zu loben, sondern die entsprechenden Taten folgen zu lassen. "Handwerk braucht Boden", sagte er in Anlehnung an die Redewendung "Handwerk hat goldenen Boden". Schließlich seien die Betriebe eine der verlässlichsten Säulen der deutschen Volkswirtschaft. "Sie wandern nicht in Niedriglohnländer oder Steueroasen ab und manipulieren keine Abgaswerte", sagte Hartmann. Im Gegenteil: "Sie machen einfach fleißig ihren Job, zahlen hier Steuern und bilden junge Leute aus." Bei dieser Gelegenheit erneuerte der OB seine Forderung nach der Ausweisung zusätzlicher Gewerbeflächen in Dachau.

Trotz allen Lobes klangen bei Löwl und Hartmann genau wie bei Dachs immer wieder ernste Töne an. Da war die Rede von Unsicherheit, Grenzen der Leistungsbereitschaft und Versäumnissen in der Vergangenheit. Ganz und gar euphorisch war an diesem Abend nur einer: Festredner Lothar Ebbertz. Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds sang ein Loblied auf die handwerkliche Braukunst in der Region. Während sich das Gewerbe deutschlandweit immer weiter konzentriere, sei der Mittelstand in Bayern so stark wie in keinem anderen Bundesland. Und auch die Spuren des deutschen Reinheitsgebots verfolgte Ebbertz bis nach Bayern. Denn zum "deutschen" Gebot wurde es erst 1906. Sein Ursprung aber liegt im bayerischen Pendant von 1516. Da waren alle zweifelnden Töne des Abends auf einmal wie weggewischt.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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