Dachau:Pochen auf die alte Planung

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Wie viel Gewerbe auf dem Gelände der ehemaligen MD-Papierfabrik entstehen soll, darüber streiten sich Dachaus Stadträte. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Fraktionen im Dachauer Stadtrat sind sich nicht einig, wie viele Flächen auf dem ehemaligen MD-Gelände für Wohnen und Arbeiten entstehen sollen. Die Grundeigentümerin lehnt ein reines Gewerbegebiet ab

Von Viktoria Großmann, Dachau

Spätestens seitdem im Stadtrat über die Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung zur Zukunft des MD-Geländes abgestimmt wurde, wird unter den Stadträten darüber gestritten, wie viel und welche Art von Gewerbe sich auf dem ehemaligen Industriegelände mitten in der Stadt ansiedeln könnte. Bis heute lässt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) kaum eine Gelegenheit aus, zu betonen, dass er auf dem Areal gern ein Gewerbegebiet ausweisen möchte. Das wollten auch SPD, Grüne, Bündnis und ÜB. Sie wurden jedoch im Sommer 2015 knapp von CSU, FW, Bürgern für Dachau und dem einzigen FDP-Stadtrat überstimmt. Diese votierten für ein Kerngebiet.

Ein Kerngebiet, wohl gemerkt, auf einem Teil des MD-Geländes. Denn seit Jahren gilt die Vereinbarung, dass die Fläche der ehemaligen Papierfabrik zu etwa 60 Prozent für Wohnraum und zu 40 Prozent für Gewerbe genutzt werden soll. Lediglich das Bündnis rührt immer mal wieder an diesem Konsens. Vor knapp zwei Jahren stellte die Fraktion den Antrag, das Gelände vollständig für Gewerbe zu nutzen. Nun hat sich die Eigentümerin des MD-Geländes, die DEG, deutlich in dieser Debatte geäußert und erteilt den Forderungen nach mehr Gewerbe eine deutliche Absage.

Gewerbeansiedlung gilt im Rathaus als nahezu einziges Mittel, um ausreichend Einnahmen zu erzielen, die eine wachsende Stadt braucht, um Kindergärten zu bauen oder Schulen zu erweitern. Die Flächen für Gewerbe erscheinen jedoch allzu knapp. Firmen, die gern nach Dachau ziehen möchten, müssen abgewiesen werden. Andere ziehen weg, weil sie zu wenig Platz haben. In einer Bürgerbeteiligung befragte die Stadt auch Teilnehmer eines Workshops, wo sie in Dachau Potenzial sehen, um Firmen anzusiedeln. Einigen konnten sich die Bürger nur auf das MD-Gelände. Die Stadt wird weiterhin auch andere Flächen prüfen.

Einen Beitrag zur Befriedung des schwelenden Streits um Kerngebiet oder Gewerbegebiet leistete nun ausgerechnet das Bündnis für Dachau mit einem Antrag, darzustellen, was nun eigentlich der konkrete Unterschied sei. Beispielhaft solle erklärt werden, ob etwa der Elektronikhersteller Thorlabs - der aus Platzmangel in zwei Jahren nach Bergkirchen übersiedeln wird - auch in ein Kerngebiet ziehen dürfte. Die Antwort, welche die Verwaltung in der Sitzung des Bauausschusses am Dienstag gab, lautete eindeutig: Ja. Die CSU dürfte sich genau in ihrem Ansinnen bestätigt finden, auf dem MD-Gelände Forscher- und Entwicklerfirmen unterzubringen. Der Erläuterung der Stadt zufolge könnte wohl auch die Anlagentechnikfirma NAT in einem Kerngebiet stehen.

Platz für Unternehmen soll nach dem städtebaulichen Plan des Architekturbüros Trojan und Trojan im Osten und Norden des MD-Geländes sein, entlang der Bahnstrecke und gegenüber des Stadtbahnhofs. Die Wohngebiete konzentrieren sich im Süden und Westen und um das geplante Herz des neuen Viertels, das sogenannte Mühlenforum am Eingang zur Altstadt. Das Bündnis wollte auch wissen, ob nicht gerade an diesem zentralen Platz ein Kerngebiet sinnvoller wäre. Etwa weil abendliche Konzerte Anwohner stören könnten. Das verneinte jedoch die DEG. Der Nutzungsvorteil sei marginal, der Aufwand hingegen umso größer. Denn das Kerngebiet an dieser Stelle könnte nur durch das Wohngebiet erschlossen werden - was zu viel Lärm ins Viertel brächte, wie die DEG befürchtet.

Die DEG hat sich in der Debatte zum Gewerbegebiet deutlich positioniert. Den Sitzungsvorlagen für die Stadträte war eine Kopie eines Schreibens der Münchner Anwaltskanzlei Glock, Liphart, Probst und Partner beigefügt, die mittlerweile die DEG vertritt. Darin wird Bezug auf ein Gespräch mit der Stadtverwaltung im September genommen. Zu einer vollständigen Nutzung für Gewerbe heißt es darin: " ... die DEG trägt ein derart geändertes Planungsziel nicht mit." Sie halte an den 40 Prozent der Fläche, die für Gewerbe vorgesehen sein sollen, fest. Laut Planungen verbleiben abzüglich des zentralen Mühlenforums mit seinen denkmalgeschützten Bauten wie Kalanderhalle und Papierhalle etwa 67 000 Quadratmeter Geschossfläche für Wohnnutzung und 49 000 Quadratmeter für Arbeit. Das reiche für die Ansiedlung von 1185 Arbeitsplätzen. Die Geschossfläche für Arbeitsplätze könne durch Aufstockung der Baukörper im Norden des Gebiets auf 65 000 Quadratmeter erhöht werden, teilt die Kanzlei im Schreiben mit. Die von den Stadtplanern vorgesehenen Hochpunkte in der Nähe des Stadtbahnhofs waren bei Stadträten und Bürgern auf geteilte Meinungen gestoßen und hatten sich letztendlich nicht durchsetzen können. Das höchste Gebäude soll nach derzeitigem Stand nicht einmal so hoch werden wie das jetzige Heizkraftwerk ohne Türme.

Wie die Planung nun weiter gehen soll, hängt auch vom Bezirk Oberbayern ab. Dessen Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) hatte nämlich die Idee aufgebracht, auf dem MD-Gelände ein Museumsforum einzurichten. Im Kern soll ein Industrie- und Arbeitermuseum entstehen. Beteiligen sollen sich daran zu gleichen Teilen Bezirk, Landkreis und Stadt. Nicht geklärt ist aber, wie groß das Areal für das Museum sein soll und wer es bezahlt. Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU) brachte im Bauausschuss den Gedanken auf, das Areal im Zuge der sozialgerechten Bodennutzung im Ausgleich für die Vergabe des Baurechts zu bekommen. Ob das rechtlich überhaupt möglich ist, wurde offen gelassen. Sie gab zu bedenken, dass die Eigentümer die Fläche für das Museum sicher nicht herschenken werden.

Die Stadträte wollen nun auf das Ergebnis der Beratungen für das Museum warten und dann weiter über die endlose Zukunftsgeschichte des MD-Geländes diskutieren. Voraussichtlich im Februar.

© SZ vom 31.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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