Dachau:Neues aus der Heimat

Lesezeit: 2 min

Thomas Thiele: die Gnadenkirche à la Feininger (Ausschnitt). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Ausstellung der Freien Malgruppe im Haus des Bayerischen Roten Kreuzes in Dachau

Eine Folge des erweiterten Kunstbegriffs von Joseph Beuys ist sicherlich, dass heutzutage künstlerische Tätigkeiten nicht mehr nur nach dem Ergebnis beurteilt werden. Das bedeutet nun nicht, dass jeder Mensch tatsächlich für sich beanspruchen kann, Kunst zu machen. Viel mehr nötigt der Wunsch, kreativ zu werden, von vornherein Respekt ab. Denn jedes Bild, jede Skulptur verändert den Blick auf die Wirklichkeit und erweitert ihn. Anerkennung erfährt die Freie Malgruppe allein schon auf den Vernissagen zu ihrer alljährlichen Ausstellung im Haus des Roten Kreuzes in Dachau. Diesmal würdigten die stellvertretende Landrätin Marianne Klaffki (SPD) und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) das Engagement der Gruppe um Vorsitzende Renate Günthner.

Die Bilder lassen die Vorlieben der Mitglieder erahnen. Bei der Vorsitzenden Günthner liegt sie sicherlich im Aquarell, das sie klassisch aufbaut. Günthner sucht dabei die handwerkliche Herausforderung, weil sie als Grundlage nicht Papier, sondern die Leinwand nimmt. Die Nähe zur abstrakten Kunst und zum Dekorativen demonstrieren Ruth Rumberger, Brigitte Scherer, Edith Schmidt oder Brigitte Renner deutlich. Manchmal suchen sie sogar Anleihen beim Informellen, wenn sie den Gestaltungsprozess den Farben direkt überlassen. Bei Ilse Holzner entstehen dadurch überbordende Reliefs. Viele Werke kreisen um das Heimatgefühl. Besonders bei den Dachauer Ansichten beispielsweise von Uwe Marziw, Elisabeth Zaminer und Geli Winter. Aus dieser Tradition heraus ist die Freie Malgruppe entstanden, die im April 1975 gegründet wurde.

Drei Mitglieder fallen in dieser Ausstellung sozusagen aus dem Rahmen. Anna Wesely wählt eine Wasserspiegelung als Paysage intime, leuchtet sie aber im Gegensatz zu den Vorbildern aus der Zeit der Dachauer Künstlerkolonie psychedelisch grell aus. Helmut Thon nimmt starke Anleihen an den herausragenden Holzschnitten von Walter Klemm, dem die Gemäldegalerie erst kürzlich eine großartige Ausstellung widmete. Thon versucht, die Dachauer Stadtansichten im Sinne einer Abstraktion auf das Wesentliche der Erscheinung zu komprimieren. Allerdings stellt sich bei den Motiven die Frage, ob sie ein solch gestalterisches Verfahren genau so aushalten wie Klemms Prager Ansichten. Ein spannendes Experiment wagt Thomas Thiele im Porträt der evangelischen Gnadenkirche in Dachau-Ost. Er verbindet die Architektur der sechziger Jahre mit der Bildsprache des Bauhauses besonders von Lionel Feininger. Das Verfahren erweitert den Blick auf das Bauwerk, das über das Gemälde in seiner kunsthistorischen Bedeutung neu erfahren wird.

Noch bis Sonntag, 20. November, täglich von 14 Uhr bis 17.30 Uhr. Samstag und Sonntag, zehn bis 17.30 Uhr.

© SZ vom 17.11.2016 / we - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: