Dachau:Musik für den Frieden

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Jürgen Rothaug inszeniert sein Holocaust-Gedenkkonzert auf dem Gelände der MD-Papierfabrik

Von Adolf Karl Gottwald

Der Sänger und Musikpädagoge Jürgen Rothaug ist bekannt für seine Projekte, in denen er Synergieffekte unterschiedlicher Kunstbereiche zu erreichen sucht. Das Holocaust-Gedenkkonzert mit dem Titel "Peace - Hope - Joy" ist wieder genau so angelegt. Es findet am Samstag, 18. Juni, 19 Uhr, und am Sonntag, 19. Juni, 17 Uhr, in einer Halle der MD Papierfabrik Dachau statt. Dieses Ambiente empfindet Initiator Jürgen Rothaug stimmig. Es habe sich bei den opernhaften Inszenierungen sehr bewährt. Diesmal singen: Ensemble Cantori und The Fanatics, ein Schüler-Vokalensemble der Greta-Fischer-Schule in Dachau, des Förderzentrums für den Landkreis. Die Solisten sind: Carina Ellerhoff (Sopran) und Mario Deger mit dem "Rage to live"-Song. Außerdem bilden Annette Thomas, Irmi Fröch, Lissi Rothaug, Thomas Baumgartner, Michael Nauderer, Johannes Breitsamter und Jürgen Rothaug ein Solisten-Ensemble. Das Orchester nennt sich Young People Dachau. Einen musikalischen Vorspann des Programms gestaltet die Sintiband München.

SZ: Jürgen Rothaug, sie gelten als Garant für Innovation im Dachauer Konzertbetrieb, der Name ist für Stadt und Landkreis Dachau zum Begriff geworden für außergewöhnliche Programm-Ideen und daraus folgend entsprechend Aufsehen erregende Konzerte, jetzt auch an ungewöhnlichen Spielorten. Was hat heuer ein auch für neue Wege offenes Publikum von Ihnen zu erwarten?

Jürgen Rothaug: Es ist ein Holocaust-Gedenkkonzert mit dem Motto "Rage to live", was man mit "Feuer des Überlebens" übersetzen kann.

Ein Holocaust-Gedenkkonzert anstelle einer Gluck-Oper (wie vor zwei Jahren) und Mozart mit Verfremdung (wie voriges Jahr) - das ist freilich eine überraschende Wendung. Zunächst aber: Wie kam es zu dem Motto "Rage to live", was bedeutet es für dieses Konzert?

Dazu muss ich etwas weiter ausholen: Das Motto geht auf ein Interview mit Greta Fischer zurück. Greta Fischer ist eine Jüdin aus London. Sie nahm sich 1945 der Kinder an, die den NS-Terror in den Konzentrationslagern überlebten und brachte sie im Kloster Indersdorf unter. Dort erlebte Greta Fischer deren unbeschreiblichen "Rage to live". Es gibt auch eine Ausstellung über das Wirken der Jüdin, die auch im Augustiner-Chorherrenmuseum in Markt Indersdorf zu sehen ist. Diese Ausstellung war in New York. Ich habe dazu einen Song gemacht "Rage to live", er wurde am 26. Januar in New York uraufgeführt.

Dann verbindet das Konzertprojekt aus Ihrer Sicht verschiedene Aspekte des heutigen Umgangs mit der Zeitgeschichte?

Die Umstände in Verbindung mit unserem Konzert sind aufregend. Der für mich ganz besonders aufregende, aber auch wunderbare Umstand ist: Max Mannheimer ist der Schirmherr und will bei meinem Holocaust-Gedenkkonzert auch anwesend sein. Er ist Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau und Vizepräsident des Comités International de Dachau. Trotz seines Alters von 96 Jahren will er versuchen, beim Konzert anwesend zu sein.

Aber warum haben Sie denn gleich ein eigens Lied komponiert?

Dazu muss ich ein wenig zurückblenden: Es gibt ein inzwischen relativ bekannt gewordenes "Dachau"Lied" der damaligen Dachauer KZ-Häftlinge. Vor 25 Jahren habe ich es als Streichquartett mit Gesang aufgeführt, vor zwei Jahren wieder in der Dachauer KZ-Gedenkstätte. Dort fasste ich den Entschluss zu einem Holocaust-Gedenkkonzert. Der Untertitel des Konzerts "Peace - Hope - Joy" geht auch auf Greta Fischer zurück und bezeichnet jetzt die Gliederung unseres Programms. Es beginnt mit "Da pacem Domine" von Arvo Pärt und dem Chor "Der Herr hat des Tages verheißen" aus dem 42. Psalm von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Mendelssohn ist noch zweimal vertreten, und zwar mit einem weiteren Stück aus Psalm 42 und dem bekannten "Hebe deine Augen auf". Das macht das Programm sicher auch für ein eher konservatives Publikum interessant.

Aus dieser Richtung kommt auch ein Chorsatz von César Franck und das Schlusslied "This is my song" aus "Finlandia" von Jean Sibelius. Sowohl das Programm zu "Hope" als auch zu "Joy" als Freude des Lebens eröffnen Stücke des recht beliebten Komponisten John Rutter. Bei "Joy" gibt es auch etwas Bayerisches mit dem Titel "Weida mitanand" und neben dem Song "Rage to live" ein von einem Doppelquartett gesungenes "O clap your hands" aus "Psalmfest" von John Rutter.

Sie setzten gezielt auf ein abwechslungsreiches Programm?

Wir haben aber noch mehr zu bieten. Max Mannheimer hat sich unter dem Pseudonym Ben Jakov als Maler betätigt. Zunächst war daran gedacht, seine Werke der laufenden Ausstellung in München zu zeigen. Aber sie ist verlängert worden. Deshalb wollen wir die Bilder während des Konzerts auf eine Leinwand projezieren.

Holocaust-Gedenkkonzert: Samstag und Sonntag, 18. und 19. Juni, 19 Uhr und 17 Uhr, MD-Papierfabrik, Eingang Ostenstraße. Karten: cantori-music@laser-star.de. Oder: Flau Fashion, Bäckerei Denk und Buchhandlung Wittmann.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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