Dachau:Moderne Technik für eine historische Idee

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Die Fenster der Versöhnungskirche sind bereits erneuert worden, ebenso das Heizsystem. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wie die Sanierung der Versöhnungskirche den Charakter des Orts als Ruhepol verstärkt und verbessert

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Für Dirk de Loos war die Errichtung der evangelische Versöhnungskirche eine Lebensaufgabe. Gemeinsam mit anderen ehemaligen Häftlingen des Konzentrationslagers Dachau hatte der Widerstandskämpfer, der 1944 verschleppt wurde, sich für die Kirche auf dem Gelände des Lagers eingesetzt. Im April 1967 wurde sie eingeweiht. Seitdem ist sie ein Rückzugsort. Ihre Architektur symbolisiert zugleich Schuld und Versöhnung, Bedrohung und Geborgenheit, Leben und Tod.

Nun wird ein Teil der Kirche renoviert: der Veranstaltungsraum, der als Winterkirche genutzt wird, außerdem die Sanitäranlagen und der Bürobereich. Die Räume sind auf dem energetischen Stand der sechziger Jahre. "Wir machen keine Luxussanierung", sagt Diakon Klaus Schultz. Inzwischen wurden neue Fenster eingebaut, geheizt wird in Zukunft mit einer Wärmepumpe. Der renovierte Teil der Kirche wird in Zukunft vom Boden aus geheizt. Die Sitzbänke an der Wand bekommen ebenfalls eine Heizung. So wird der Raum, in dem es bisher trotz Heizkörper oft unangenehm kalt war, gleichmäßig warm. Dämmbar ist der Raum nur schlecht: Die Wände gehören zum architektonischen Konzept, sie sind den Wänden der Häftlingsbaracken nachempfunden. "Da könnte man nicht einfach eine Dämmung draufknallen", sagt Schultz. Auch die Beleuchtung wird erneuert. Um den meditativen Charakter des Raums zu erhalten, entstehen Lichtinseln. Aus den drei winzigen Büroräumen werden zwei. Finanziert werden die Umbauten mit 70 000 Euro von der Bayerischen Landesstiftung, mit 25 000 Euro vom Landesamt für Denkmalpflege, mit 50 000 Euro vom Bezirk Oberbayern, und 100 000 Euro stammen aus dem Kulturfonds. Den Rest bezahlt der Träger, die Evangelische Kirche Deutschland.

Der Architekt der Kirche, Helmut Striffler, wollte die Fensterfront zum Innenhof weiterentwickeln, damit sie nicht mehr gerade verläuft, sondern im schrägen Winkel ausgestellt ist. Der Vorschlag entsprach dem architektonischen Grundprinzip der Versöhnungskirche. Außer im Innenhof gibt es nirgends einen rechten Winkel. Er dominierte das Konzentrationslager vom Appellplatz über die Baracken bis zum Prügeltisch. Striffler empfand ihn als ein Symbol des minutiös geplanten Massenmords. Aber der Denkmalschutz wollte die originale Fassade beibehalten. Der Kompromiss sieht so aus: Der Eingang wird nach dem ursprünglichen Entwurf Strifflers so verändert, dass man den Raum nun nicht um eine Ecke betritt, sondern frontal darauf zugeht. "Wir sind zufrieden", sagt Diakon Schultz. Andachten und Veranstaltungen können dank dem versetzten Eingang bald so abgehalten werden, dass die Besucher Richtung Innenhof schauen. Weil die Heizkörper vor der Fensterfront wegfallen, fällt der Blick jetzt frei auf den Innenhof und Richtung Himmel. So wird der Charakter des Ortes noch besser betont, findet Schultz. "Hier fühlt man sich geborgen, obwohl man weiß, wo man ist. Man kann zur Ruhe kommen." Immer wieder fallen ihm Architekturstudenten auf, die mit ihren Professoren zur Besichtigung kommen. "Es ist ein Ort, der nicht vergessen ist." Helmut Strifflers Sohn leitet die Arbeiten an der Versöhnungskirche. Der Vater ist 2015 gestorben.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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