Dachau:Mit zwei Promille im Sattel

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Betrunkener Radfahrer verursacht folgenschweren Verkehrsunfall

Von Benjamin Emonts, Dachau

Das Amtsgericht Dachau hat einen 50-jährigen Alkoholiker wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Dachauer war im Juli 2015 mit mehr als zwei Promille und unter Missachtung der Vorfahrtsregeln mit dem Fahrrad in eine Kreuzung bei Dachau eingefahren. Eine 19-jährige Frau erfasste den Mann mit ihrem Wagen, ohne allerdings Schuld daran zu tragen. Der 50-Jährige zog sich durch den Unfall schwerste Verletzungen zu und lag 15 Tage im künstlichen Koma.

Vor Gericht spielten sich traurige Szenen ab. Die 19-Jährige Frau, die mit dem Angeklagten kollidiert war, schilderte unter Tränen den Unfallhergang. Demnach war sie am Nachmittag des 21. Juni relativ gemächlich auf der Freisinger Straße vom Dachauer Ortsteil Etzenhausen in Richtung Hebertshausen unterwegs. Auf Höhe der hoch frequentierten Kreuzung mit der Alten Römerstraße schoss zwischen den dort wartenden Autos plötzlich ein Fahrradfahrer hervor. Obwohl die 19-Jährige noch eine Vollbremsung einlegte, erfasste sie den 50-Jährigen frontal. Der Mann prallte gegen die Windschutzscheibe und das Dach. Er blieb bewusstlos auf dem Asphalt liegen.

Der Beifahrer der 19-Jährigen, ein Krankenpfleger, leistete am Unfallort Erste Hilfe. Er berichtete dem Gericht von Albträumen, die ihn noch bis vor Kurzem verfolgten. "Ich musste viele Monate starke Antidepressiva nehmen." Schon die Mutter und Schwester des jungen Mannes sind an den Folgen eines Verkehrsunfalls gestorben, berichtete der Krankenpfleger. "Ich kann jetzt nur noch bei zwei Personen angstfrei im Auto mitfahren."

Der 50-jährige Angeklagte entschuldigte sich glaubhaft bei den jungen Menschen. "Mir tut das schrecklich leid. Ich würde es gerne rückgängig machen - aber ich kann's nicht", sagte er und weinte dabei. Die junge Frau und ihr Beifahrer nahmen die Entschuldigung an.

Ein Sachverständiger für Verkehrsunfälle bescheinigte dem 50-Jährigen "großes Glück", den Unfall überlebt zu haben. Die 19-jährige Frau war seinem Gutachten zufolge bei erlaubten 70 Stundenkilometern lediglich mit 35 oder 40 unterwegs. Ihr relativ altes Auto, das einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt, sei glücklicherweise nicht - wie heute üblich - aus "hochfestem Stahl" gebaut worden. "Sonst hätte der Unfall wohl tödlich geendet." Die 19-jährige Autofahrerin hatte laut dem Gutachter noch eine Vollbremsung eingelegt, bevor sie den Radfahrer frontal rammte. "Die Frau hatte keine Möglichkeit, den Unfall zu vermeiden."

Obwohl der 50-Jährige unter offener Bewährung handelte, verurteilte ihn Amtsrichter Christian Calame abermals zu einer Bewährungsstrafe. Der Dachauer trinkt seit seinem zwölften Lebensjahr und hat bereits mehrere Haftstrafen und Therapien hinter sich. Die Mehrzahl seiner 21 Vorstrafen hat der Mann wegen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung gesammelt, fast alle davon unter dem Einfluss von Alkohol. Nichtsdestotrotz stellte ihm Amtsrichter Calame eine positive Sozialprognose aus. Der geistig gesammelt wirkende Dachauer ist seit September trocken und weist dies regelmäßig nach. "Es besteht die Hoffnung, dass er die Abstinenz tatsächlich durchsteht", sagte Amtsrichter Calame. Derzeit lebt der 50-Jährige in einer betreuten Einrichtung für Suchtkranke.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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