Dachau: Lieblingsorte:Wo Freigeister ihre Ruhe fanden

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Für die Dachauer Gästeführerin Lydia Grain hat der Friedhof der Kirche Sankt Laurentius nichts Furchteinflößendes: Hier findet sie Ruhe und Muße.

David Riegel

Wo Dachaus berühmte Maler ihre letzte Ruhestätte gefunden haben und sie einen schönen Blick auf ihr Elternhaus hat, dort verweilt Lydia Grain am liebsten: bei der Kirche St. Laurentius in Etzenhausen und ihrem Friedhof. "Für mich besitzt ein Friedhof nichts Furchteinflößendes", sagt die Gästeführerin. "Hier komme ich zur Ruhe, hier steht man über den Dingen", erzählt Grain. Stress und Alltagssorgen seien so lange ausgeblendet: "Der Friedhof hat eine beruhigende, tröstliche Wirkung auf mich."

Gästeführerin Lydia Grain wohnt gleich neben ihrem Lieblingsort im Landkreis Dachau, der Kirche Sankt Laurentius in Etzenhausen. (Foto: Toni Heigl)

Wenn man Lydia Grain zuhört, spürt man die Leidenschaft, mit der die Kunstliebhaberin über Etzenhausens Historie als ehemalige Malerkolonie und den alten, stimmungsvollen Friedhof im Schatten der St. Laurentius-Kirche spricht. Sie kennt den "idyllischen Ort", wie Grain die Grabstätten der Künstler Ludwig von Herterich, Maria Keller-Hermann, Wilhelm Velten, Carl Buchka, Emmy Buchka-Lenbach und des königlichen Universitätszeichners Gustav Keller nennt, bereits seit ihrer jüngsten Kindheit. In Sichtweite aufgewachsen, ist ihr Lieblingsplatz schon immer dort gewesen, wo die Freigeister von einst beerdigt liegen und sie auch heute noch nur ein paar Häuser weiter lebt.

Die Liebe zur Kunst liegt bei Lydia Grain in der Familie: Während ihr Onkel dem Maler Ludwig von Herterich 1932 als Modell für ein Fresko an der Südseite von St. Laurentius gedient hat, porträtierte Leopold von Kalckreuth seinerzeit ihre Urgroßeltern in der szenischen Darstellung eines Leichenzugs. Heute können Kunstinteressierte aus aller Welt Kalckreuths Gemälde von 1883 in einem Museum in Weimar bestaunen. Das Herterich-Fresko an der Außenwand der Filialkirche aber hat für Grain einen persönlichen, emotionalen Wert: "Die Erinnerung lebt weiter", berichtet die Gästeführerin. So habe sie zwar nie die Möglichkeit bekommen, ihren Onkel kennenzulernen, durch das Bildnis sei das Andenken an ihn und die Erinnerung an ihre eigene Familiengeschichte aber sehr präsent.

Ehrfürchtig referiert die Etzenhauserin auch über den Schutzpatron der Filialkirche, den heiligen Märtyrer Laurentius, der sich 258 in Rom für seinen Glauben "auf den Rost gelegt hat", sagt Grain. Während die Gästeführerin den Rundgang "Künstlerdorf Etzenhausen" und den Abendspaziergang "Kunst und Kirche" anbietet, arbeitet ihr Mann derweil als Kirchenpfleger im Gotteshaus in der Von-Herterich-Straße. Anlässlich des 1200-jährigen Jubiläums der Filialkirche im Jahr 2004 hat er sogar einen Kirchenführer zusammengestellt. "St. Laurentius ist für uns eine Herzensangelegenheit", betont Lydia Grain nicht ohne Stolz.

© SZ vom 06.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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