Schulkinowoche:Leinwand statt Wandtafel

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Solveig Jeschke übernimmt die Moderation des Projekttages im Kino und versucht die grenzenlose Wissbegier der Grundschüler zu stillen. (Foto: Toni Heigl)

Während der bayerischen Schulkinowoche dürfen Kinder im Unterricht Filme sehen und die Macher dazu befragen.

Von Tobias Roeske, Dachau

"Guten Morgen" ruft Solveig Jeschke, als sie den Kinosaal im Cinema Dachau betritt. Wie die Kinder es von der Schule gewohnt sind, antworten sie der Moderatorin mit einem ohrenbetäubenden "Guten Morgen Frau Solveig". Aus der stürmischen Begrüßung der Kinder spricht ihre Begeisterung. Denn anstatt wie sonst Schulbücher wälzen zu müssen, sitzen sie an diesem Morgen ausnahmsweise in einem Kino in Dachau und dürfen sich den Film "Tom und Hacke" anschauen. Möglich macht dies den Grundschülern die Schulkinowoche Bayern, die jetzt im ganzen Land in die neunte Runde geht. Die Veranstalter haben auch dieses Jahr das Dachauer Cinema ausgewählt und die dritten bis siebten Klassen der Montessori-Schule Dachau und die Grundschule Augustenfeld eingeladen.

Die Schulkinowoche ist ein Projekt des bayerischen Kultusministeriums und soll dem Nachwuchs landesweit Medienkompetenz vermitteln und Film und Fernsehen näher bringen. Dazu wird "Tom und Hacke" von Drehbuchautor Rudolf Herfurtner gezeigt. Der Film basiert auf der Romanvorlage "Die Abenteuer des Tom Sawyer" von Mark Twain und überträgt die Geschichten der beiden Lausbuben Tom Sawyer und Huckleberry Finn in die bayrische Nachkriegszeit von 1948. Besonderer Gast ist am Mittwoch Szenenbildnerin Didi Richter, die den Kindern im Anschluss der Vorstellung erklären soll, welche Arbeit dahinter steckt, Kulissen originalgetreu nachzustellen.

Wer hat welche Süßigkeiten dabei?

Bevor die Vorstellung jedoch beginnt, ist den jungen Besuchern die Frage "welche Süßigkeiten hast du dabei" und "was davon willst du mit mir teilen" erst einmal viel wichtiger als der Kinobesuch selbst. Doch als sich der Saal verdunkelt und der Film anfängt, hört das Handeln und Tauschen schlagartig auf, und sie widmen ihre gesamte Aufmerksamkeit der Vorführung.

Alle lauschen gespannt der Handlung und tauchen in die dort geschaffene Welt ein. Über die Streiche und Sprüche der beiden Protagonisten wird viel gelacht und an den spannenden Stellen verkriechen sich die Kinder in ihre Kinosessel und nehmen sich zur Beruhigung gegenseitig an den Händen.

Die Klasse ist kaum zu bremsen

Am Ende der Vorstellung übernimmt Jeschke wieder die Moderation und kündigt Didi Richter an. "Hat euch der Film gefallen?", fragt die Szenenbildnerin, was die Kinder mit lautem Klatschen und Rufen bestätigen. Didi Richter zeigt den Klassen verschiedene Fotos von Drehtagen und erzählt ihnen, mit welchen Hindernissen sie teilweise zu kämpfen hatte, Szenen authentisch aussehen zu lassen. Sie fragt die Schüler auch, was die größten Unterschiede zur heutigen Zeit seien. Hände gehen nach oben - wie im Klassenzimmer. "Die Leute waren sehr arm" und "der Lehrer durfte seine Schüler schlagen" antworten einige. Dieses Thema beschäftigt die Jungen und Mädchen mitunter am meisten. Richter versucht, ihnen zu erklären, dass dies in der damaligen Zeit noch ganz normal gewesen sei und dass es sich glücklicherweise schon in ihrer Jugend geändert habe.

Als sich die Gesprächsrunde allmählich dem Ende zuneigt, ist es schwer die Klassen zu bremsen und von ihren Fragen abzubringen. Die Lehrer antworten auf die Frage, ob die Vorbereitung des Tages aufwendig gewesen sei nur gelassen: "Das war kein Problem. Am Montag hatten wir einen Skiausflug, das war deutlich anstrengender."

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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