Dachau:Landrat setzt sich ein Denkmal

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Nach 37 Jahren kandidiert Hansjörg Christmann nicht mehr. Zum Abschied senkt er die Kreisumlage für die Kommunen auf mindestens 49,9 Prozentpunkte und hinterlässt einen soliden Haushalt mit nur wenig Schulden.

Von Wolfgang Eitler

Mit Sinn für das Historische. Landrat Hansjörg Christmann mit seiner Frau auf der Redoute in Schloss Dachau. (Foto: Joergensen)

Der Landkreis braucht in den nächsten Jahren sehr viel Geld, weil das Landratsamt saniert oder womöglich neu gebaut werden muss. Und dann wird wohl ein viertes Gymnasium als Ganztagsschule nötig werden. Denn der Probelauf als Zusatzangebot des Josef-Effner-Gymnasiums entwickelt sich hervorragend. Seit Freitagmorgen dieser Woche ist klar, dass der Landkreis keine finanziellen Sorgen hat. Er will es sich sogar leisten, die Kreisumlage unter die 50-Prozentpunkte zu drücken, auf mindestens 49,9 Prozentpunkte. Damit bliebe den Gemeinden mehr Finanzkraft für eigene Projekte. Und deshalb bekam Kämmerer Gerhard Müller vom gesamten Kreisausschuss einen kurzen, aber heftigen Applaus.

In Bayern übernehmen drei kommunale Ebenen die gesamte Daseinsfürsorge. Zuerst Gemeinden, dann die Landkreise und schließlich die sieben Bezirke. Letztere kümmern sich um soziale Belange und um die behinderten Menschen. Die Landkreise wiederum haben das Verkehrsnetz zu erhalten, das Angebot an weiterführenden Schulen zu organisieren und sind verpflichtet, jungen Menschen sowie deren Familien beiseite zu stehen. Dabei bilden die einzelnen Gemeinden die finanzielle Basis. Aus ihrer Umlagekraft, die sich aus den Steuern und 80 Prozent der Zuschüsse des Freistaats, den Schlüsselzuweisungen zusammensetzen, bedienen sich Landkreise und Bezirke. Wenn also die oben mehr Geld brauchen, haben die unten weniger. Die meisten Landkreise nehmen den Gemeinden mehr als 50 Prozentpunkte der Umlagekraft ab und müssen einen Teil an die Bezirke abgeben. Dachau will diese Grenze in diesem Jahr unterschreiten. Denn der Bezirk Oberbayern bekommt mehr Geld vom Freistaat und kann seine sogenannte Bezirksumlage kürzen.

Das war die erste gute Nachricht, die Kämmerer Müller dem Kreisausschuss überbrachte. Die zweite drehte sich um das Steueraufkommen. Die Umlagekraft dürfte im nächsten Jahr um elf Millionen Euro wachsen. Dabei darf sich Müller bei seiner Kalkulation nicht einmal auf das laufende Jahr 2013 und dessen enormen Steuereinnahmen beziehen, sondern nur auf diejenigen von zwei Jahren zuvor.

Im Kreisausschuss spekulierte Landrat Hansjörg Christmann (CSU) bereits über die Chancen, die Kreisumlage über längere Zeit hinaus unter der 50-Prozent-Marke zu halten. Kämmerer Müller indes sagte: "Wir müssen den Blick nach vorne richten, denn die Projekte sind gewaltig." Unausgesprochen standen sie im Raum des Kleinen Sitzungssaals des Landratsamts, das selbst zum Sorgenkind geworden ist. Es müsste erweitert, auf jeden Fall saniert oder neu gebaut werden. Dazu kommen noch die Herausforderungen bei den Schulbauten wie ein viertes Gymnasium als Ganztagsschule oder auch der Aufbau einer Fachoberschule.

Müller wünscht sich von den Kreisräten eine Finanzpolitik, welche "eine angemessene freie Spitze" ausweist. Dazu empfiehlt er "die unbedingte Vermeidung einer Netto-Neuverschuldung" und "gegebenenfalls auch einen zusätzlichen Abbau der bestehenden Verschuldung". Landrat Christmann gab sich überzeugt, dass all diese Vorgaben zu erfüllen sind. Die Schuldenlast dürfte sich vermutlich unter 22 Millionen Euro drücken lassen. Ende der neunziger Jahre lag sie schon bei fast 70 Millionen. Allerdings bewertete Christmann die ersten Anhaltspunkte für den Etat 2014 als "Widerspiegelung einer konjunkturell blendenden Situation". Und er fügte warnend hinzu: "Es wird nicht mehr so bleiben." Aber angesichts der geringen Schulden sieht er "genügend Spielraum für die nächsten Generationen". Und CSU-Sprecher Wolfgang Offenbeck sprach von "einer Verschuldungssituation", die er für "relativ zukunftssicher" hält. Die übrigen Kreisräte verzichteten bei der Vorberatung auf eine Stellungnahme.

Im März 2014 wird Landrat Christmann aus Altersgründen nicht mehr kandidieren. Seine Partei, die CSU, schwelgt von ihm als "den dienstältesten Landrat Europas". Christmann ist seit 37 Jahren im Amt. Mit sichtlicher Genugtuung präsentierte er zum Abschluss seiner Laufbahn die ersten Informationen zum Etat 2014, den er noch zu verantworten hat.

© SZ vom 07.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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