Resolution zum Bleiberecht im Dachauer Kreistag:Das Gesetz muss echte Chancen bieten

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250 Menschen haben im Sommer in Dachau gegen die Abschiebung der nigerianischen Familie aus Karlsfeld protestiert. (Foto: Toni Heigl)

Mehr als zwei Drittel der Mitglieder im Dachauer Kreistag fordern Nachbesserungen beim neuen Chancenaufenthaltsrecht der Bundesregierung.

48 Mitglieder des Dachauer Kreistags, mehr als zwei Drittel, haben eine Resolution zum neuen Chancenaufenthaltsrecht unterzeichnet. Sie ist an das Bundesinnenministerium gerichtet, wo der Gesetzentwurf in Vorbereitung ist. Er soll lang­jäh­rig ge­dul­de­ten Aus­län­dern ein Blei­be­recht in Deutsch­land gewähren.

Dass große Teile des Dachauer Kreistags die Entwicklung in Berlin aufmerksam beobachten, liegt vor allem an einer fünfköpfigen Familie aus Nigeria, die seit Jahren in Karlsfeld lebte und im vergangenen Sommer in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschoben worden ist. Das, obwohl das jüngste der drei Kinder vor sechs Jahren hier geboren wurde. Das Landratsamt Dachau hatte zwar erklärt, Abschiebungen von Personen auszusetzen, die unter die Regelungen des jeweils aktuell bekannten Entwurfs für das Chancenaufenthaltsrecht fallen, doch das habe für die Familie nicht gegolten. Das heißt, auch mit dem neuen Gesetz hätte die Familie nicht bleiben dürfen.

Das Gesetz braucht dringend Anpassungen

Eine der Hauptbedingungen im Gesetzentwurf, neben Kenntnissen der deutschen Sprache und einem Identitätsnachweis, ist die Sicherung des Lebensunterhalts. Den hat der davor jahrelang als Reinigungskraft angestellte Familienvater vor der Abschiebung nicht erfüllt, weil ihm die Aufenthaltsduldung und damit die Arbeitserlaubnis vom Landratsamt entzogen worden war. In der Resolution jetzt heißt es, das habe den Unterzeichnenden im Dachauer Kreistag "parteiübergreifend bewusst gemacht, dass dieses im Werden befindliche Gesetz noch dringender Anpassungen bedarf".

Für Fälle eines langjährigen Aufenthalts müsse es Regelungen geben, die Abschiebungen wie die der Karlsfelder Familie künftig nicht mehr ermöglichten. So müssten alle seit über fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebenden Personen, vor allem Familien mit schulpflichtigen Kindern, unabhängig vom konkreten Aufenthaltsstatus eine Chance haben. Geboten ist das nicht nur aus humanitären Gründen, sondern auch aus ganz praktischen.

Deutschland brauche nicht nur sogenannte Fachkräfte, sondern auch sonstige Arbeitskräfte, in Pflege, Gastronomie, Reinigungsgewerbe, argumentieren die Unterzeichner. Die Frist zur Erreichung der Voraussetzungen für einen dauerhaften Aufenthalt, also der "Chance", müsse auf einen angemessenen Zeitraum verlängert werden, um auch nur eine gewisse Aussicht auf Erfolg zu haben. Auch sollte es möglich sein, die Frist im Einzelfall zu verlängern, wenn die Bemühungen aus nachvollziehbaren Gründen noch nicht ganz zum Erfolg geführt haben. Dazu soll es Integrations- und Deutschkurse geben, wenn eine Asylentscheidung nicht zeitnah getroffen werden kann.

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