Dachau:Katerstimmung im TSV 1865

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Die stellvertretende Vereinsvorsitzende Gabriele Siegl führt derzeit die Geschäfte im TSV. (Foto: Toni Heigl)

Der Vorsitzende ist weg, ein Nachfolger nicht in Sicht und einzelne Mitglieder stellen schon den geplanten Umzug in Frage.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Am Montag schaut die Homepage des TSV 1865 Dachau schon anders aus. Hinter dem Vorsitzenden steht nicht mehr der Name von Sebastian Stirner, sondern: vakant. Die Geschäfte führen nun die beiden Stellvertreter Gabriele Siegl und Peter Galonska. Zusammen mit Schatzmeister Klaus Bambach ist der Vorstand handlungsfähig. Eine Mitgliederversammlung braucht es nicht. Der Vorstand kann selbstständig innerhalb der nächsten Wochen und Monate einen neuen Vorsitzenden bestimmen. Die Bestürzung über den Rücktritt Stirners ist indes teils noch recht groß. Einige Mitglieder sehen aber auch die Chance, den Verein ganz neu aufzustellen. Auch über mögliche Nachfolger wird nachgedacht.

Stadtrat Wolfgang Moll (CSU), Beirat im Vereinsvorstand und seit 1970 TSV-Mitglied, findet es "sehr unglücklich und bedauerlich", wie es gelaufen ist. Dafür sieht er auch den weiteren Vorstand in der Verantwortung. Es sei vielleicht nicht gut gewesen, dass der frühere Vorsitzende Richard Reisböck "so einen jungen Mann da hinstellt und dann nicht ausreichend unterstützt." Reisböck hatte für Stirner eigens das Amt eines dritten Vorsitzenden geschaffen, das Stirner bereits zwei Jahre bekleidet hatte, als er 2014 Vorsitzender wurde. Stirner, 34, sah sich dann einem deutlich älteren Team gegenüber sowie lange währenden Vereinsproblemen wie den schleppend verlaufenden Aussiedlungsplänen und der Tatsache, dass die Zahl der Mitglieder im Traditionsverein laut Moll längst nicht so schnell wächst wie in anderen Sportvereinen. "Es muss schnellstens ein neuer Vorsitzender gefunden werden", sagt Moll und nennt gleich einen Favoriten: "Jürgen Seidl würde ich es zutrauen."

Dieser, seit vergangenem Jahr Kreisrat und Stadtrat für die FDP, erklärt am Montag: "Ich werde mit Sicherheit nicht zur Verfügung stehen." Seidl kam über die Judo-Abteilung in den Verein, war selbst schon als Vorstand aktiv und wurde bereits früher einmal als möglicher Nachfolger Reisböcks gehandelt. Er sei dem TSV "sehr verbunden", sagt Seidl, jedoch als Rechtsanwalt und mit seinen politischen Mandaten auch "sehr eingespannt". Wenn er im TSV Verantwortung übernehme, müsse er seine Mandate niederlegen. Seidl weiß, dass das Amt des Vorsitzenden ein Vollzeitjob ist, deshalb plädiert er dafür, einen hauptamtlichen Geschäftsführer einzustellen. "Dann wäre die Aussiedlung gesichert", sagt Seidl. Stirners Rücktritt, der ihn sehr überrascht habe, sieht er als "Zäsur" und eine "große Chance für den Verein, einen Neuanfang zu wagen". Auch Moll hätte gern einen Vorsitzenden, der "nicht nur das Amt übernimmt, sondern auch den Verein wieder flott macht".

Eine weitere Verzögerung bei der Aussiedlung fürchten beide nicht. Schließlich begleite der Ehrenvorsitzende Reisböck diesen Prozess weiter. Allerdings ist man sich nicht nur innerhalb der Stadtpolitik, sondern auch innerhalb des Vereins nie ganz einig geworden über den Sinn des Umzugs vom Stammgelände an der Jahnstraße auf Grundstücke östlich der Theodor-Heuss-Straße. So stand etwa Grünen-Stadtrat Thomas Kreß, ebenfalls TSV-Mitglied, dem Vorhaben stets kritisch gegenüber. Auch Moll schränkt nun ein: "Wenn es mit der Aussiedlung nicht funktioniert, dann muss sich der Verein am jetzigen Standort weiter entwickeln." Sebastian Stirner war mit dem Vorhaben angetreten, Transparenz in das Thema zu bringen. Dieses Anliegen widerspreche allerdings grundsätzlich jeglichen Grundstücksverhandlungen, sagt CSU-Stadtrat August Haas - er ist nach 40 Jahren kürzlich aus dem Verein ausgetreten.

"Das ist eine verfahrene Sache. Da wurden an mehreren Fronten Chancen vergeben", sagt Haas über den Umzug. Das Schädlichste für den Umzug sei der vergangene Wahlkampf gewesen, in dem dieser zum Gegenstand scharfer Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gemacht worden sei. Zwar werden die Verhandlungen um die Aussiedlung erst einmal zum Erliegen kommen, auf die paar Wochen komme es aber nicht an. Es werde ohnehin noch Jahre dauern, bis der notwendige Bebauungsplan für das Areal vorliege. Der verbliebene Vorstand des TSV traf sich am Montagabend zu einer außerordentlichen Sitzung, um das weitere Vorgehen im Verein zu beraten.

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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