Dachau:Irrfahrt auf den Gehweg

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Gericht stellt Verfahren gegen 20-jährigen Autofahrer ein

Weil er mit Absicht sein Auto in eine Gruppe Jugendlicher gelenkt haben soll, musste sich ein 20-jähriger junger Mann vor dem Amtsgericht in Dachau verantworten. Der Vorwurf: gefährliche Körperverletzung. Laut Anklage sollte er im Mai vergangenen Jahres am Rathausplatz einer Landkreisgemeinde absichtlich mit seinem Golf auf eine Gruppe von fünf Jugendlichen zugefahren sein, sie auf dem Gehweg gerammt und dabei drei von ihnen verletzt haben.

Der 20-Jährige bestreitet die Vorwürfe. "Die wollen mich fertigmachen", antwortet er auf die Frage des Richters, weshalb die Jugendlichen Anzeige erstattet hätten. Mit einem 16-Jährigen, der zur Schülergruppe gehörte, stand der Angeklagte offenbar im Streit. Zuvor gehörten sie zu einer Clique. Die Ereignisse im Mai schildern der Angeklagte und die als Zeugen geladenen Schüler sehr unterschiedlich. Der Angeklagte sagt, er habe die Gruppe der 15- bis 16-Jährigen zunächst über einen Zebrastreifen gehen lassen. Beim Anfahren sei er aus Versehen mit dem vorderen Reifen an den Bordstein geraten. Dabei habe er aber keinen der Jugendlichen mit dem Fahrzeug berührt. Die Darstellung der Schüler weicht von dieser Schilderung jedoch erheblich ab, auch untereinander geben sie verschiedene Versionen des Vorfalls zu Protokoll. Während die zwei jungen Männer der Gruppe behaupten, der Angeklagte sei auf dem Gehweg frontal auf sie zugefahren, sagt eine 16-jährige Schülerin, das Fahrzeug sei ihnen auf der Straße entgegengekommen und dann ruckartig auf den Bürgersteig ausgeschert.

Auch bei der geschätzten Geschwindigkeit machen die Jugendlichen unterschiedliche Angaben: Ein Zeuge gibt sie mit unter 20 Stundenkilometern an, ein anderer schätzt sie auf 40, die dritte behauptet, das Fahrzeug habe deutlich beschleunigt, während es auf die Gruppe zufuhr und dann kurz vor ihnen abgebremst. Die jungen Männer sagen aus, beim Zusammenprall mit dem Auto leicht an der Hand verletzt worden zu sein. Beide gingen allerdings nicht zum Arzt. Eine 16-jährige Schülerin erklärt, sie habe einen großen blauen Fleck am Knöchel davongetragen, als das rechte Vorderrad des Fahrzeugs an ihr Bein krachte.

Da sich der Vorfall durch die Zeugenaussagen nicht widerspruchsfrei aufklären lässt, zieht sich der Richter nach gut zweistündiger Verhandlung mit dem Verteidiger und dem Staatsanwalt zum Gespräch zurück. Anschließend entscheidet er, das Verfahren gegen den 20-Jährigen einzustellen. Der Angeklagte erhält jedoch die Auflage, als "spürbare Sanktionierung" 800 Euro an das Bayerische Rote Kreuz zu zahlen. Für den Vorsitzenden steht fest, dass zumindest die Verletzung der 16-Jährigen auf das Fahrverhalten des Angeklagten zurückgegangen sei, entweder durch das Auto selbst oder weil sie vor Schreck mit einer Freundin zusammengestoßen sei. Den Führerschein darf der Erdweger behalten. Einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr habe der Angeklagte nicht begangen. Der Richter gibt dem Angeklagten noch mit, er solle seine Konflikte friedlich lösen. Denn: "Ich will sie hier nicht wiedersehen."

© SZ vom 18.03.2016 / sjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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