Dachau:"Ihre allerletzte Chance"

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Jugendgericht verurteilt jungen Marihuana-Dealer zu 16 Monaten Haft auf Bewährung.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Jugendrichter und Vertreter der Jugendgerichtshilfe legen Wert darauf, dass junge Straftäter so schnell wie möglich für ihre Delikte belangt werden - nur so kann die Strafe erzieherisch wirken. Im Fall von David P. (Name geändert) dauerte es dennoch mehr als eineinhalb Jahre, bis sein Prozess am Amtsgericht Dachau begann. Die jungen Männer, die bei ihm Drogen eingekauft hatten, mussten ihrerseits erst rechtskräftig verurteilt werden - sonst hätten sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen können. Nun belasteten sie ihren ehemaligen Dealer. David P. wurde zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt.

In der Verhandlung stellte sich heraus, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklageschrift weit über das Ziel hinausgeschossen war. Ursprünglich war David P. vorgeworfen worden, in 65 Fällen Handel mit Betäubungsmitteln getrieben zu haben. Übrig geblieben sind davon letztlich drei Fälle des unerlaubten Besitzes, acht Fälle des unerlaubten Handels, sieben Fälle des unerlaubten Erwerbs, die unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige (er hatte ein halbes Gramm Marihuana an einen 15-Jährigen verkauft) sowie die gemeinschaftliche Einfuhr von Betäubungsmitteln. Alle Fälle zusammenaddiert, handelte es sich um eine Menge von ungefähr 60 Gramm Marihuana.

Noch vor der Anhörung der Zeugen hatte der Anwalt des 22-Jährigen ein mulmiges Gefühl, wie er sagte. Schließlich ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass sein Mandant mit erheblichen Mengen gehandelt habe. Dazu passten auch mehrere Zeugenaussagen bei der Polizei, die den Mann mit prall gefüllten Beuteln Marihuana gesehen haben wollten. David P. beteuerte am ersten Sitzungstag, lediglich mit kleinen Mengen Marihuana gedealt zu haben. Die Zeugenaussagen mehrerer junger Männer, die bei ihm kauften, bestätigten diese Aussage bei der Verhandlung am Donnerstag. Von großen Beuteln oder Mengen wollte niemand mehr etwas wissen. Der Anwalt von David P. wies in seinem Plädoyer darauf hin, das Bild, sein Mandant sei ein Großdealer, habe sich nicht bestätigt. "Er war kein gewiefter Dealer im großen Stil."

Trotzdem ist der 22-Jährige kein unbeschriebenes Blatt. Für ihn war es bereits die zweite Verurteilung innerhalb eines Jahres. Im September 2014 musste er sich vor dem Amtsgericht München verantworten, weil er sich 31 gefälschte 50-Euro-Scheine beschafft hatte und mit zwei davon bezahlt hatte. Nach einer Haudurchsuchung saß der junge Mann bereits für drei Monate in Untersuchungshaft. Schließlich wurde er zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Und die nächste Gerichtsverhandlung wartet schon im Juli. Dieses Mal geht es wieder um Drogen, die bei der Hausdurchsuchung sichergestellt wurden.

Langsam wird es eng für den 22-Jährigen . Die am Donnerstag verhandelten Drogendelikte fielen zu seinem Glück noch unter das Jugendstrafgesetz, sodass keine Gesamtstrafe aus den zwei Verurteilungen gebildet werden konnte. Amtsrichter Dorner machte dem Angeklagten zur Bewährungsauflage, sich ambulant therapieren zu lassen und in regelmäßigen Abständen seine Abstinenz nachzuweisen. "Es ist Ihre allerletzte Chance", sagte der Richter. "Wenn Sie weiterhin über ihr Leben bestimmen wollen, müssen sie aufhören, Drogen zu nehmen."

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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