Multimedia:Ideale Ergänzung

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Die Schüler des P-Seminars im Fach Deutsch am Ignaz-Taschner-Gymnasium haben einen Audioguide für die Gemäldegalerie entwickelt. Leiterin Boser ist von den phantasievollen Erläuterungen begeistert

Von Andreas Förster, Dachau

Ein Bild sagt angeblich mehr als 1000 Worte. Und doch können Worte, mit Bedacht gewählt, ein Bild wunderbar ergänzen, kunsthistorisch einordnen oder - verstärkt durch die passende Musik - den visuellen Eindruck entsprechend emotionalisieren. Das Herz ansprechen. Das war in etwa die Aufgabe des P-Seminars im Deutsch-Unterricht der 11. Klasse des Ignaz-Taschner-Gymnasiums. Es sollte etwas entstehen, das über das Bild, den Künstler und seine Zeit erzählt; und zwar möglichst unterhaltsam.

Das Ergebnis kann sich durchaus sehen und hören lassen. Die elf Projektteilnehmer haben einen musikalisch untermalten Audioguide für sechs ausgesuchte Bilder der Gemäldegalerie für die Tradition der Dachauer Künstlerkolonie erstellt: Die Exponate sind "Theresienwiese" (Adolf Lier), "Der schwere Gang" (Fritz von Uhde), "Komposition I" (Adolf Hölzel), "Die Dame und die Bettlerin" (John Hammer), "Der Abschied" (Robert von Haug) und "Waldstück bei Dachau" (Lovis Corinth). Der einzige männliche Teilnehmer, Nicolas Münster, war gemeinsam mit Hannah Schönicke für die Musik zuständig. Die Stücke, hauptsächlich am Computer erstellte Samples, wurden "in einem kreativen Prozess der Zusammenarbeit und Kontrolle" erstellt, schmunzelt Hannah. Nicolas kümmerte sich eher um die Musik und Hannah eher um die Kontrolle.

Das Seminar startete im letzten Schuljahr, da waren die Teilnehmer gerade 16 und 17 Jahre alt, interessiert an Medienarbeit und begeistert von der Idee, ein professionelles Coaching durch Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks zu bekommen. Wie stressig es werden würde, war ihnen nicht bewusst, sagt Seminarleiterin Simone Schütrumpf. Sie wurden gleich mit einer "Deadline" konfrontiert, also einem fest gelegten Zeitpunkt, an dem ihre Recherche und ihr Manuskript fertig sein mussten, damit es mit der Aufnahme und der Post-Produktion im Bayerischen Rundfunk noch rechtzeitig klappt. Da reichten die dafür vorgesehen zwei Wochenstunden in den meisten Fällen nicht aus.

Begonnen hatte das Projekt mit einer Führung durch die Gemäldegalerie, bei der sich die Jugendlichen ihre Bilder selbst aussuchen konnten. "Bei den meisten war es Liebe auf den ersten Blick", erinnert sich Deutsch-Lehrerin Simone Schütrumpf. Wenn man Verstand und Herz des Betrachters ansprechen will, braucht es natürlich auch eine gewisse emotionale Verbindung mit dem Kunstwerk und dem Künstler. So setzen die Schülerinnen in ihren Beiträgen jeweils ganz individuelle Akzente.

Sabrina Höchner hört sich ihren Audio-Guide-Beitrag zu Adolf Liers Bild "Theresienwiese" in der Gemäldegalerie an. (Foto: Heigl)

Bei dem Bild "Theresienwiese" von Adolf Lier geht Sabrina Höchner beispielsweise auf die Pariser Weltausstellung 1881 und die Erfindung der Glühbirne durch Thomas A. Edison ein, um letztlich die Vorzüge der Freilicht-Malerei und ihren exzellenten Vertreter Adolf Lier hervorzuheben. Veronika Zöttl und Franziska Hulm hatten sich gemeinsam für das Bild "Der schwere Gang" von Fritz von Uhde entschieden und einen ganz anderen Ansatz gewählt: Bayerische Geigenklänge und bayerische Mundart-Dichtung, die die (kunst-)historischen Zusammenhänge von Luther bis zur Industrialisierung und den daraus resultierenden Problemen des Handwerks erfahrbar machen. Ronja Lehmann entschied sich bei der "Komposition I" von Adolf Hölzel für einen erklärenden Ansatz, lässt dabei Adolf Hölzel (durch einen BR-Sprecher) selbst zu Wort kommen, unterbricht die wörtliche Rede mit ihrem eigenen, rhythmischem Klavierspiel und schafft eine geglückte Verbindung zwischen dem musikalischen Dreiklang und Hölzels berühmter Farbenlehre.

Die Erleichterung ist groß, dass alles rechtzeitig fertig geworden ist. Was jetzt kommt, ist eher das Sahnehäubchen: Die offizielle Präsentation der Audioguides findet am Freitag, 19. September um 20 Uhr in der Gemäldegalerie Dachau als Beitrag zur Langen Nacht der offenen Türen statt. Da dürfen sie alle ihre Bilder vorstellen und eine kleine Rede halten. Danach gibt es Sekt und Smalltalk, wie auf einer richtigen Vernissage. Gespannt sind die 17- und 18jährigen Schüler und Schülerinnen nun, wie das Feedback ausfallen wird.

"Im letzten Jahr gab es ein ähnliches Seminar mit Audioguides für das Bezirksmuseum. Da war das Feedback geradezu euphorisch", berichtet Seminarleiterin Simone Schütrumpf. "Daran erkannten die Schüler erst, was sie wirklich geleistet haben." Künftig kann man - zur Freude der Museumschefin Elisabeth Boser, die ebenfalls beratend zur Seite stand, gegen Vorlage des Personalausweises sowohl im Bezirksmuseum als auch in der Gemäldegalerie einen mp-3-Player mit Kopfhörern ausleihen, um sich die Kunstwerke kunstvoll von kreativen Schülern erklären zu lassen.

© SZ vom 18.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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