Dachau:Hört, hört

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Auf der Grundlage eines Grünen-Antrags berät der Kreistag erstmals über die Notwendigkeit einer kommunalen Musikschule

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Es gibt nur einen Landkreis in ganz Oberbayern, der über kein ausreichendes Angebot an kommunalen Musikschulen verfügt: Es ist der Dachauer. Nur die Gemeinde Karlsfeld leistet sich eine solche Einrichtung und ist damit auch erfolgreich. Die Nachbarlandkreise dagegen haben durchschnittlich drei bis vier. Oder sie haben wie in Ebersberg eigens einen Zweckverband Bildung, der sich auch zentral um die musische Erziehung kümmert.

Die zahlreichen öffentlichen Appelle der vergangenen Jahren waren der Dachauer Kommunalpolitik nicht einmal eine fundierte Stellungnahme wert. Meistens beließ sie es beim Hinweis, dass diese Form musischer Bildung sehr teuer sei und deshalb für Stadt und Landkreis unerschwinglich. Außerdem wurde in Gesprächen auf die Existenz privater Initiativen verwiesen. Dazu gesellte sich stets die Befürchtung, man könnte womöglich deren Existenz durch ein umfangreiches kommunales Engagement gefährden.

Aber drei wesentliche Fragen bleiben im Landkreis unbeantwortet: Wie ist es um die Qualität der musischen Bildung bestellt? Wie offen ist der Zugang zu ihr? Vor allem, wie erschwinglich? Es ist statistisch erwiesen, dass gerade in Deutschland die Chance auf Bildung vom sozialen Standard der Eltern abhängig ist. Nimmt man die Beteiligung des Landkreises in den vergangenen Jahren an dem einzigen wirklich renommierten deutschen Nachwuchswettbewerb mit dem Titel "Jugend musiziert" zum Maßstab, dann haben zahlenmäßig die anderen Landkreise in Oberbayern Dachau komplett abgehängt. Dann ist es um die klassische musische Bildung hier schlecht bestellt.

Die Daten des Wettbewerbs will die Kreistagsfraktion der Grünen nun genauer untersucht wissen und hat einen Prüfantrag gestellt. Darin fordert sie die Kreistagsverwaltung auf, zu prüfen, wie die musische Bildung verbessert werden kann und verweist in diesem Zusammenhang auf den Verband der Bayerischen Musikschulen. Er wird vom Kultusministerium finanziell gefördert. Die Grünen zitieren den ehemaligen Präsidenten der bayerischen Sparkassen und früheren Chamer Landrat Theo Zellner (CSU), der als Förderer der Musikschulen gilt: "Wir sind davon überzeugt, dass Lücken im regionalen Musikschulnetz nur dann geschlossen werden, wenn der Landkreis als Träger oder Partner mit erheblichem Gestaltungs- und Finanzierungsanteil Struktur und Organisation des Musikschulangebots mitbestimmen kann."

Wie die Grünen-Fraktionsvorsitzende Marese Hoffmann in dem Antrag schreibt, gibt es mittlerweile "eine Vielzahl von Modellen für Trägerschaft und Finanzierung". Von der richtigen Schule bis hin zu Partnerschaften. Wichtig ist nur die Qualität der Bildung. Der Verband Bayerischer Musikschulen hat Modelle der Kooperation detailliert aufgelistet. Sie ermöglichen durchaus ein Zusammenspiel und einen Zusammenklang mit all den privaten Initiativen, die im Landkreis mangels kommunalen Engagements entstanden sind. Unkenrufe über deren Existenzsorgen wegen des Aufbaus einer Kreismusikschule wären deshalb schnell hinfällig.

Wissend um die spezielle Dachauer Problematik favorisiert Grünen-Sprecherin Hoffmann keine bestimmte Lösung, sondern schreibt: "Eine Vielzahl von Modellen für Trägerschaft und Finanzierung stehen zur Auswahl, der Bildungslandkreis Dachau sollte sie prüfen und baldmöglichst eine befriedigende Lösung anstreben."

Die prominentesten Musikerinnen und Musiker haben im Landkreis Dachau längst resigniert. Ihre Appelle blieben ungehört. Vor einigen Jahren wandten sie sich vergeblich an die Große Kreisstadt. Der Kulturausschuss hielt nicht einmal eine Debatte für nötig. Deshalb darf die Schulausschusssitzung des Kreistags am Freitag, 9. Oktober, 8.30 Uhr, im Landratsamt mit einer gewissen Spannung erwartet werden. Denn erstmals werden die Kreisräte offiziell mit der Forderung nach einer Verbesserung der musischen Bildung im Landkreis konfrontiert. Die Beratung wäre überhaupt die erste öffentliche Debatte zu diesem Thema, wenn sie denn stattfindet.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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