Dachau:Guten Rutsch

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Erst ein Vorschlag zur Güte von OB Hartmann beendet die Debatte um ein Spielgerät

Von Petra Schafflik, Dachau

Brauchen Kinder auch beim Spielen Herausforderungen? Oder sollte man ihnen den Frust des Scheiterns lieber ersparen? Um diese pädagogischen Fragen ging es im Kern bei einer Diskussion, zu der sich am Donnerstag Eltern mit Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und Stadtgärtner Stefan Tischer auf dem Spielplatz an der Gröbenrieder Straßen trafen. Konkreter Anlass der Freiluft-Debatte: Die Stadt hat die beliebte, weitläufige Spielfläche im Sommer umgestaltet. Zu den neuen Geräten gehört eine Rutsche, deren offene Plattform nur über Kletterseile zu erreichen ist. Was als "Schmankerl" für ältere Kinder gedacht war, erbost nun manche Eltern. "Die Kleinen haben keine Möglichkeit hochzukommen, das geht nicht", schimpfte eine Mutter. Andere Eltern lobten explizit dieses spezielle Angebot für die Größeren. Kompromissvorschlag des OB nach einigem Hin und Her: "Wir bauen eine weitere Rutsche mit Leiter und fertig."

Der Stein des Anstoßes steht am Rande des Spielplatzes: Von zwei Seiten führen fest verspannte Seile in unterschiedlichen Höhen hinauf zu einem offenen, hölzernen "Vogelnest" auf zwei Meter Höhe. Wer nach einer kurzen Kletterpartie oben angekommen ist, kann auf der angedockten Rutsche wieder in die Tiefe sausen. "Mal etwas anderes als der übliche Rutschenturm und ein Spielangebot gezielt für ältere Kinder", sagt Stadtgärtner Stefan Tischer, der mit seinem Team von der Abteilung Stadtgrün die Spiellandschaft konzipiert hat. Für kleinere Kinder wurden Sandkasten, Wipptiere, Karussell, Versteck-Höhlen und eine niedrige Rutsche im Erdwall installiert.

Ortstermin mit Oberbürgermeister: Eine weitere Rusche soll kommen. (Foto: Toni Heigl)

Doch über die Vogelnest-Rutsche ärgern sich offenbar Familien aus Dachau-Süd. "In den vergangenen Wochen haben mich enorm viele Beschwerden erreicht", sagt OB Hartmann, der sich wundert, dass angesichts dieses Proteststurms zum Ortstermin gerade mal eine Handvoll Eltern und Großeltern gekommen sind. Das Problem aus Sicht der Kritiker: Vor der Umgestaltung konnten die alte Rutsche auch jüngere Kinder per Leiter erreichen oder die Eltern halfen ihnen hoch. Die neue Vogelnest-Rutsche bleibt für die Kleinen unerreichbar. "Das ist gerade so gedacht", erklärt der Stadtgärtner, selbst Vater von vier Kindern. Die Kletterseile sollen die Kleinen vom Hochsteigen abhalten, da die offene Vogelnest-Plattform für Kleinkinder zu gefährlich sei. Die Eltern sehen das nicht ein. "Das kann man den Kindern doch nicht erklären", schimpft eine Großmutter. "Meine Zweijährige kann jetzt nicht mehr rutschen", klagt eine Mutter. Als Tischer aufklärt, Zweijährige sollen nach den gesetzlichen Vorgaben aus dieser Höhe gar nicht rutschen, wundert sich die Mutter: "Wo ist das Schild, dass die Rutsche nicht für Zweijährige ist?" "Wenn ich zum Spielplatz gehe, dann will ich entspannen. Ich hab' keinen Bock, ständig die Kinder hochzuheben", sagt ein Vater.

Aber Kinder brauchen doch auch eine Herausforderung, versucht Fachmann Tischer zu vermitteln. Mit seiner Ansicht steht der Leiter von Stadtgrün nicht alleine da. Zwei Mütter sind gekommen, weil sie nicht verstehen, was es zu kritisieren gibt. "Das ist doch für Ältere gerade das Tolle und Exklusive, dass auf das Vogelnest eben nur die Großen hochkommen", sagt Angelika Hahn, die mit ihren vier Kindern im Alter von fünf bis zwölf Jahren oft herkommt. Auch Stefanie Göttler ist mit ihren Töchtern häufig da. Die Fünfjährige könne hochklettern, ihre dreijährige Schwester nicht. Die Jüngere "versteht, dass sie noch wachsen und üben muss".

Die "Vogelnestrutsche" ist nur für größere Kinder geeignet, das ärgert die Eltern von kleineren Kindern. (Foto: Toni Heigl)

Doch die Kritiker bleiben hart. Die nur einen Meter hohe "Babyrutsche" sei keine Alternative, sagen sie, zu einem Spielplatz gehöre eine ordentliche Rutsche, die für alle Kinder erreichbar ist. "Eine Leiter zur Vogelnestrutsche muss her", so ihre Forderung. Doch da spielen die Sicherheitsvorschriften nun mal nicht mit. Erst OB Hartmanns Vorschlag zur Güte beendet die Debatte: Eine klassische Rutsche wird zusätzlich aufgestellt, wo genau, das wird erst noch geprüft.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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