Dachau:Grippe-Epidemie im Landkreis

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In Wartezimmern der Praxen stehen die Kranken auf den Fluren Schlange. Das Gesundheitsamt verzeichnet im Januar fast so viele Fälle wie im gesamten Vorjahr. Dabei werden nur die wenigsten Erkrankungen gemeldet

Von Benjamin Emonts, Dachau

In Petershausen fallen nach und nach alle drei Bürgermeister und der Kämmerer aus. Im Büro von Landrat Stefan Löwl (CSU) fehlt zwischenzeitlich die halbe Belegschaft. In der Praxis des Dachauer Ärztesprechers Hans-Ulrich Braun ist das Wartezimmer am Freitag so voll, dass seine Patienten im Flur warten müssen. Die Symptome sind eindeutig: Im Landkreis Dachau gehen derzeit nicht nur Erkältungen um, es wütet auch die nicht ungefährliche Influenza Typ A, besser bekannt als "echte Grippe". Laut Ärztesprecher Braun ist die Zahl der Infizierten im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. "Wir haben eine richtige Grippe-Epidemie", sagt er.

In Ämtern, Rathäusern und auch an Schulen müssen sie improvisieren, weil Erkältungen und Grippeerkrankungen Teile des Personals lahmlegen. "Viele Schüler und Lehrer sind immer noch krank", sagt Peter Schötz, stellvertretender Schulleiter des Ignaz-Taschner-Gymnasiums in Dachau. Er klingt dabei fast erleichtert - vor Weihnachten blickte er teilweise sogar in halb leere Klassenräume. Der Aufenthalt auf engem Raum im Büro oder der S-Bahn, der Kontakt mit einer Türklinke oder ein kurzer Händedruck können schon ausreichen, um sich anzustecken. Die Grippeviren befallen im Nu die Schleimhautzellen. Ist die Infektion vonstatten gegangen, beginnt die Influenza sehr plötzlich. Erst fröstelt man und fühlt sich schwach. Dann folgen hohes Fieber von bis zu 40 Grad, Halsschmerzen, trockener Husten, Kopf-und Gliederschmerzen und manchmal auch Übelkeit.

"Die Influenza ist eine schwere Erkrankung", sagt Hans Bergemann, der Leiter des Dachauer Gesundheitsamts. Auch er stellt fest, dass sich die Zahl der Grippekranken in diesem Jahr erhöht hat. Seit Beginn des Jahres wurden Bergemann 129 Fälle gemeldet, das sind fast so viele wie im gesamten Vorjahr und fast 120 mehr als vor zehn Jahren. Einen Todesfall gibt es glücklicherweise nicht. Die Dunkelziffer der Erkrankten aber dürfte weitaus höher sein, wie Bergemann betont. Die Influenza sei zwar meldepflichtig. In den meisten Fällen aber behandelten die Ärzte nur die Symptome und verzichteten auf einen Abstrich, der im Labor untersucht wird. Nur ein Bruchteil der Influenza-Fälle komme deshalb im Gesundheitsamt an.

Ärztesprecher Braun hat wegen der prekären Infektionslage 200 Fälle mehr in seiner Karlsfelder Praxis als vor einem Jahr, schätzt er. Allein in der vergangenen Woche behandelte er fünf Patienten mit der Influenza A. Besonders empfänglich für das aggressive Virus sind Menschen mit Lungenerkrankungen wie Asthma oder Bronchitis, chronischen Herzkrankheiten, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder mit Tumorerkrankungen. Alte Menschen sind gefährdet, weil ihr Immunsystem die Viren nicht mehr gut abwehren kann, Kinder unter einem Jahr weil ihr Immunsystem noch nicht effektiv genug ist. "Die Influenza ist so schwerwiegend, dass man daran sterben kann", sagt Braun besonders in Hinsicht auf ältere und vorbelastete Menschen. Ihnen rät er, sich unbedingt impfen zu lassen. Obwohl sich das Virus immer verändert, sei der Impfstoff, der aktuell verabreicht wird, überaus wirkungsvoll. Für Kleinkinder und Erwachsene ab 60 Jahren zahlen sie die Krankenkassen. Ratsam ist die Impfung nach Ansicht von Bergemann aber auch für Ärzte oder generell für Personen, die viel mit anderen Menschen in Berührung kommen. Die Impfung kostet 23 Euro und muss einmal pro Jahr aufgefrischt werden.

Behandelt wird die Influenza "symptomatisch", wie Ärztesprecher Hans-Ulrich Braun erklärt. Gegen den Husten empfehlen sich Inhalationen. Glieder- und Kopfschmerzen lassen sich mit Schmerzmitteln lindern. Hohes Fieber wird mit fiebersenkenden Mitteln bekämpft. Weil man wegen der erhöhten Temperatur viel schwitzt, muss man unbedingt genug trinken. Bei einem unkomplizierten Verlauf ist die Grippe in der Regel nach vier bis fünf Tagen ausgestanden, wenn man sich körperlich schont. In Einzelfällen kann die Influenza jedoch zu einer Lungenentzündung führen, die mit Antibiotikum behandelt werden muss.

Eine vorsichtige Entwarnung geben Bergemann und Braun hinsichtlich des Norovirus, das oft mit Brechdurchfall einhergeht und vor einigen Wochen verstärkt im Landkreis Dachau grassierte. "Es gab eine Häufung, aber inzwischen ist das Norovirus deutlich abgeflaut", sagt Hans Bergemann.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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