Mittelschulen setzen Zeichen gegen Rassismus:Ganz in Blau

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Schüler und Lehrer der Ludwig-Thoma-Mittelschule setzen am Tag gegen Rassismus ein Zeichen. Farblich abgestimmt gekleidet, formieren sie sichzu einem großen Smiley. An der Aktion gegen Rechts beteiligen sich insgesamt sieben Einrichtungen im Landkreis.

Von Julian Erbersdobler, Dachau

Dunkelblauer Pullover, blaue Jeans, blaue Sneaker: Anja Kreter ist passend zum Motto gekleidet. Die meisten ihrer etwa 100 Schüler haben es ihr gleich getan. Als die erste Pause anbricht, treffen sich alle Kinder und Lehrer vor dem Schulgebäude - so hatte es die Direktorin der Ludwig-Thoma-Mittelschule angeordnet. Dann sagt sie einen Satz, der an anderen Schulen wohl zu groben Missverständnissen führen könnte: "Geht ihr jetzt mal alle in den Käfig."

Und tatsächlich, der blaue Tross bewegt sich in Richtung "Pausenhof". Wo sonst im eingezäunten Areal Fußball gespielt wird, geht es heute vor allem um das Stellungsspiel ohne Ball. Zum "Internationalen Tag gegen Rassismus" formieren sich Schüler und Lehrer zu einem großen blauen Smiley. Und damit sind sie an diesem Tag nicht allein: An der Antirassismus-Aktion beteiligen sich im Landkreis insgesamt sieben Schulen: die Thoma-Mittelschule, die Mittelschulen Dachau Süd und Ost, Karlsfeld, Haimhausen und Markt Indersdorf sowie die Montessori-Schule Dachau.

Die Idee zu der Aktion stammt - nicht wie man zuerst denken mag - von den Lehrern, sondern kommt von den Schülern selbst. Ludwig Meister, 15, war maßgeblich daran beteiligt. Er ist Landkreisschülersprecher und vertritt damit die Interessen aller umliegenden Mittelschulen. Er erzählt, dass er von der Aktion gegen Rassismus zum ersten Mal auf einem Treffen aller Schülersprecher aus ganz Oberbayern gehört hat und sofort begeistert war. "An unserer Schule habe ich das jetzt nicht direkt mitbekommen, aber von meinen Freunden", sagt er. Rassismus sei ein Thema, mit dem sich auch junge Menschen auseinandersetzen müssen. "Ich habe die Aktion dann der Lehrerschaft vorgestellt und die war sofort begeistert." Gemeinsam mit Thomas Hendler, der die Schülermitverwaltung koordiniert, hat er sich dann an die Organisation und Umsetzung gemacht. Und die kann sich an der Ludwig-Thoma-Schule sehen lassen.

Die ersten vier Stunden geht es heute nicht wie sonst um Mathe und Deutsch - die Vielfalt steht auf dem Stundenplan. Und zwar in allen Facetten. In einem Klassenzimmer hängen Plakate. Eines zeigt vier Gehirne, drei gleich große und ein deutlich kleineres. Unter den großen steht jeweils: "African, European, Asian." Das mickrige Gehirn gehört dagegen einem Rassisten. Ein klares Zeichen. Auch in den einzelnen Arbeitsgruppen wird sich des Themas in unterschiedlichsten Spielformen angenommen. Egal, ob Vertrauensspiele oder Percussion-Workshop: In jedem Raum wartet eine Überraschung - im positiven Sinne. Dass keines der Angebote dem anderen gleicht, hat auch mit dem Tagesmotto zu tun: "Zusammenhalt durch Vielfalt." Zusammenhalt gilt es auch in der Turnhalle zu beweisen. Das ehrgeizige Ziel: eine Menschenpyramide zu bilden. Zwei Neuntklässler greifen den Kleineren unter die Arme und bilden die Sicherheitsbasis. Sie knien ganz unten.

Im ersten Stock im Schulgebäude suchen fünf Kinder nach einer Tafel Schokolade. Mit Erfolg. Sabine Decker beaufsichtigt die Gruppe. Es geht um Kooperation. Und erst als Derya, ein Mädchen aus der neunten Klasse, der anderen Gruppe verrät, wo ihr Team die Süßigkeit versteckt hat, kommen sie der Sache näher. Ob Derya dafür ein Stück Schokolade verdient hat? Eigentlich schon. Die andere Gruppe sieht das aber anders. Kooperativer geht es wenig später zu. Jedes Kind zieht eine Rolle, die Aufgabe besteht darin, Gleichgesinnte zu finden. Die Lateinamerikaner zum Beispiel. Sie legen zur Begrüßung den Kopf auf die rechte Schulter des Partners und schlagen drei Mal sanft dessen Rücken. Dann legen sie den Kopf auf die linke Schulter des Partners und berühren erneut den Rücken. Auch wenn es seine Zeit dauert, am Ende finden sich die Gruppen. Nach jedem neuen Szenario fragt Sabine Decker bei den Schülern nach der Intention. "Warum haben wir das gemacht?" Die Antworten sind so vielfältig wie das Workshopangebot. Ein Mädchen habe sich besonders über das Schokoladeessen gefreut, ein anderes hat den tieferen Sinn verstanden. "Ohne Kooperation und Zusammenarbeit hätten wir die Schokolade nie gefunden."

Wenn alleine diese Erkenntnis hängen bleibt, haben sich die vier Schulstunden am Donnerstag schon gelohnt.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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