Dachau:Fachkräfte aus dem Ausland

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Kreishandwerksmeister Ulrich Dachs möchte mehr junge Flüchtlinge in Ausbildungsberufe bringen. Andere versuchen, schwer vermittelbare Jugendliche mit schlechten Noten auf den richtigen Weg zu bringen

Von Petra Neumaier, Dachau

In Flüchtlingen und Asylbewerbern sieht Kreishandwerksmeister Ulrich Dachs ein großes Potenzial um den Fachkräftemangel zu beheben. "Zunehmend hemmt der Mangel die Leistungsfähigkeit der Handwerksbetriebe", sagte Kreishandwerksmeister Ulrich Dachs. Sein Vorschlag, die Lücken mit den motivierten jungen Männern und Frauen aus dem Ausland zu füllen, stieß allerdings nicht nur auf Zustimmung: "Erst müssen wir unsere Jugendlichen von der Straße holen", sagte zum Beispiel Schreiner Benno Huber.

Dem entgegnet Dachs, die jungen Einwanderer seien "hoch motiviert und glücklich, einen Beruf erlernen zu können". Ein großes Problem sei jedoch die Sprache. "Englisch geht ja, aber bei Französisch wird es doch in den meisten Betrieben schwierig", erklärte Dachs. Deutschkurse in den Schulen und der Berufsschule reichten leider bei weitem nicht aus. Und bis die Asylanten in einen Arbeitsprozess eingegliedert werden könnten, verginge zu viel Zeit. "Das Handwerk braucht deshalb Unterstützung von außen, wie es mit der Sprache und der anderen Lebensweise der Asylbewerber umgehen soll", erbat sich Dachs. Zudem müsse Rechtssicherheit geschaffen werden, dass während der Ausbildung keine Abschiebung erfolgt und die Lehrlinge im Anschluss wenigstens zwei Jahre im Betrieb arbeiten könnten.

Erst kürzlich hat ein Erlass des Freistaats Bayern die Personalpläne einiger Unternehmer auch im Landkreis durcheinandergebracht und den beschäftigten Flüchtlingen die Hoffnung genommen: Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern, zu denen Kosovo, Albanien, Serbien, Bosnien und Mazedonien, aber auch einige afrikanische Länder wie Ghana und Senegal zählen, wurde das Arbeiten untersagt, auch dann, wenn sie bereits in ihrem Job Fuß gefasst haben - allerdings nicht, wenn sie eine Berufsausbildung begonnen haben.

Die Handwerker sind dringend auf Nachwuchs angewiesen: Laut einer Umfrage der Kreishandwerkerschaft sind 16 Prozent der Betriebe im Landkreis akut vom Fachkräftemangel betroffen, 29 Prozent würden gerne mehr Leute einstellen. Die Zahl der Bewerber für Lehrstellen ist allerdings zu gering. Etwa 75 bis 80 Prozent der Bewerber kommen derzeit aus der Mittelschule. Der Rest verteilt sich zum Großteil auf Realschüler. Nur ein kleiner Teil sind Gymnasiasten. "Schuld" daran seien vornehmlich die Eltern. "Sie wollen, dass ihr Kind Abitur macht und studiert, egal ob es will und fähig ist oder nicht", erklärt Dachs. Seine These sieht er auch darin bestätigt, dass sich zunehmend Studienabbrecher für eine Ausbildung im Handwerk bewerben. "Jüngere Leute sind uns im Allgemeinen aber lieber", sagte er. "Sie sind formbar und wollen wirklich etwas erreichen."

Schreinermeister Benno Huber löst das Problem auf seine Weise. In seinem Betrieb in Petershausen hat er weder einen Mangel an Lehrlingen noch an Fachkräften. Seit Jahren geht der engagierte Unternehmer in Petershausen auf sogenannte problematische Jugendliche zu und bietet ihnen einen Ausbildungsplatz an. "Jugendliche brauchen Unterstützung. Und es ist immer wieder faszinierend, wie sich sie verändern, wenn sie erst einmal in einem Arbeitsprozess eingebunden sind und mit den Kollegen Brotzeit machen", beschreibt Huber. Aus seiner Erfahrung heraus könnte er behaupten, jeden Jugendlichen eingliedern zu können. "Denn schlechte Schüler sind ja keine schlechten Handwerker", stellte er fest. "Und meist liegt es nicht an den Kindern, dass sie keine Arbeit finden, sondern an ihrem häuslichen Umfeld."

Unterstützung erhielt der Schreiner von Landrat Stefan Löwl (CSU), der sagte: "Man muss um jeden jungen Menschen kämpfen." Irmgard Hetzinger-Heinrici, ehemalige Vorsitzende der Kreishandwerkerschaft, forderte, die Kinder schon in den Schulen aufzufangen. "Es ist viel zu wenig, was hier gemacht wird. Und später sind die Kosten weit höher."

Hilfsangebote von der Arbeitsagentur, vom Freistaat oder auch vom Franziskuswerk würden jedoch oft schlecht angenommen, beklagten Dieter Hempe von der Arbeitsagentur und Landtagsabgeordneter Bernhard Seidenath (CSU). Beratungen würden nicht angenommen, Ausbildungen abgebrochen. Benno Huber, selbst Vater von drei Kindern, zuckte bei der Diskussion nur mit den Schultern. "Reich werde ich mit meinem Engagement nicht", sagte er, "Aber ich bin auch noch nie hineingefallen. Und es ist immer eine gute Sache, Lehrlinge zu haben."

© SZ vom 18.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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