Bekanntlich ist der Bezirk Oberbayern nicht nur für Soziales zuständig, sondern auch für die Kultur. Da kann es einem schon wie eine schicksalhafte Fügung vorkommen, wenn zum 500. Jubiläum des bayerischen Reinheitsgebots ein Mann Präsident ist, der das Handwerk des Brauers und Mälzers noch zu einer Zeit gelernt hat, als beides wirklich ein Handwerk war. Bevor Josef Mederer in die kommunale Verwaltung einstieg, dann in die Politik als Bürgermeister in Schwabhausen und schließlich Chef des Bezirks, war er von 1963 bis 1966 Lehrling beim Maierbräu in Altomünster. Dort ist er aufgewachsen, dorthin ist er nach der Schwabhausener Episode zurückgekehrt. Jetzt steht er im Bezirksmuseum in Dachau und erzählt von der Kunst des Brauens.
Er könnte nun mächtig auftrumpfen und sich im Sinne eines statusbewussten Imagepolitikers als maßgeblicher Repräsentant der bayerischen Kultur und der engeren altbairischen seiner Heimat darstellen. Aber die große Schau überlässt er den Volksmusikern, ganz besonders seinem Mitarbeiter Ernst Schusser, der seit 1996 das Volksmusikarchiv in Bruckmühl im Oberland leitet. Und der lässt die illustre Gesellschaft kräftig mitsingen.
"O, du edles braunes Bier"
Dazu haben Mederer und er ein neues Liederbuch zum Bierjubiläum mitgebracht, indem das Archiv die einprägsamsten, bekanntesten und auch raren Beiträge zum Thema versammelt hat. Der Titel "O, du edles braunes Bier . . . " ist vielfältig und auch ambivalent interpretierbar. Zwischen zweifelnder Anbetung ("Weinet mit, ihr Wirte"), rigorosem Suchtbekenntnis ("Mein Weib thut mir wehren das Bier") und freudiger Anerkennung ("Wenn i amoi heirat, no kauf i mir zwoa Küah. De oa muaß a Milli gebn, die ander a Bier") variieren die Texte.
Da sieht sich der Volksmusik-Beauftragte des Nachbarlandkreises Aichach-Friedberg, der in Altomünster lebende Siegfried Bradl, zu einem kräftigen, lautstarken Juchzer regelrecht gezwungen. Dezenter sind Erich Müller, Volkstanzexperte aus Röhrmoos, oder Hans Kornprobst, Ortshistoriker vom Heimat- und Museumsverein in Markt Indersdorf oder Siegfried Sureck aus Altomünster, der sich dort bekanntlich intensiv und vielfältig um die Kultur kümmert.
Anscheinend sind sämtliche Besucher im Innenhof des Bezirksmuseums versierte Sängerinnen und Sänger. Den meist älteren Zuhörern reicht eine einzige Tonvorgabe, um souverän einzustimmen. Man wundert sich, dass Volksmusiker Ernst Schusser nicht gleich einen mehrstimmigen Kanon anordnet. Insofern war der Standort zur Buchpräsentation geschickt gewählt. Außerdem läuft gerade im Museum eine Ausstellung mit dem Titel "Bierlokal".
Dazwischen erzählt der Bezirkstagspräsident von der Kunst des Bierbrauens ganz ohne Hightech heutiger Zeit und ohne Hopfen mit unterschiedlichen, modisch zu nennenden Geschmacksrichtungen. "Als das Bier noch traditionell gebraut wurde", wie Mederer sagt. Gelernt hat er in Altomünster quasi in einer doppelten Ausbildung das Brauen und das Mälzen. Das sind die grundlegenden Fertigkeiten, welche die Qualität des Produkts prägen. Wer nicht dabei war und Mederers Geschichte nachlesen will, braucht sich bloß das Liederbuch beim Bezirk Oberbayern besorgen. Damit das Ereignis in Dachau nicht als PR-Gag durchgeht, hat Museumsleiterin Ursula Nauderer kein Maierbräu ausschenken lassen, sondern Variationen vom Tobiasbräu in Markt Indersdorf.
"O du edles braunes Bier . . . - Lieder Schnaderlhüpfl, Bilder und Texte über das Bier", Volksmusikarchiv Bezirk Oberbayern (08962/51 64) oder www.volksmusikarchiv.de