Dachau:Entdeckungen

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Eine Landkreistour mit der Kreisheimatpflegerin

Von Renate Zauscher, Dachau

"Grenz-wertig." Unter diesem Motto veranstaltet Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter alljährlich eine Exkursion mit dem Dachauer Forum an die Grenzen des Landkreises. Die Doppeldeutigkeit des Projektnamens ist Programm: Die Kreisheimatpflegerin will zum einen an Orte führen, die "wertvoll" sind, vielen aber dennoch unbekannt, und sie möchte auch den Blick schärfen auf manches Grenzwertige, was unterwegs etwa an neuen Architekturformen zu sehen ist.

"Wertvolles" aus Sicht der Heimat- und Kulturpflege konnten die mehr als 50 Teilnehmer der Busfahrt schon kurz hinter Dachau entdecken. Die Reiseroute führte vorbei an der uralten "Schlosseiche" in Eisolzried. Um Natur und deren Gefährdung geht es auch im Palsweiser Mooses in der Gemeinde Bergkirchen. Hier wird in gemeinsamer Anstrengung von Kommune, Staat und Bund Naturschutz versucht, letzte Reste der einst großen Moorlandschaft und ihre ganz eigene Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten. Noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es wegen des Torfabbaus seltene Schmetterlingsarten oder Kreuzottern.

Wie willkürlich politische Grenzziehungen zwischen Landkreisen sind, wurde in Ebertshausen deutlich: Der heute in der Gemeinde Odelzhausen liegende Ort gehörte bis zur Gebietsreform zum Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck. Mittelpunkt des kleinen Dorfs ist die Pfarrkirche St. Benedikt, ein Bauwerk, das im 19. Jahrhundert im Stil des Historismus umgestaltet wurde. "Ein Gesamtkunstwerk, von den Türbeschlägen bis zur Deckenbemalung", sagte Birgitta Unger-Richter. Vor 20 Jahren wurde sie aufwendig saniert.

Ein Kulturdenkmal ist auch Furthmühle zwischen den Gemeinden Pfaffenhofen und Egenburg. 1158 wurde die viele Jahrhunderte lang zu St. Anna und Afra in Augsburg gehörende Mühle erstmals urkundlich erwähnt: Heinrich der Löwe hat die Urkunde eigenhändig unterschrieben. Heute ist die Furthmühle ein Industriedenkmal ersten Ranges: Die Sägemühle wird mit alter Technik, immer noch betrieben, und bis vor kurzem wurde hier auch noch Getreide gemahlen. Die hohen - und angesichts des ehrwürdigen Alters der Mühle - wohl zu hohen Anforderungen an Hygienestandards haben dem erst vor eineinhalb Jahren ein Ende bereitet.

In Weyhern, hart an der Landkreisgrenze, muss der Brückenheilige Nepomuk, dessen kleines hölzernes Kapellchen bislang auf Dachauer Grund stand, in den Landkreis Fürstenfeldbruck umziehen: Damit Fördergelder für die Sanierung der Kapelle fließen, muss der Heilige auf einem etwas größeren Grundstück auf der anderen Straßenseite untergebracht werden. Der letzte Heilige, dem die Exkursionsteilnehmer an diesem Tag begegneten, war schließlich der heilige Richard in Miesberg an der nördlichen Landkreisgrenze zu Aichach-Friedberg. Besonders eindrucksvoll ist das Altargemälde, das den Kirchenpatron und einstigen angelsächsischen König im Kreise seiner Kinder, den Heiligen Willibald, Wunibald und Walburga, zeigt. Miesberg ist ein Musterbeispiel in Sachen Grenzland: Die beiden Höfe in der heutigen, Dachauer Gemeinde Pfaffenhofen gehörten lange zum Regierungsbezirk Schwaben, dem Landgericht Friedberg und zur Pfarrei Mering, ehe sie schließlich 1852 in die Pfarrei Egenburg wechseln konnten. "Unglaublich spannend", sagte eine Exkursionsteilnehmerin über ihre Eindrücke, "für mich ist das wie eine Fahrt in ein anderes Land."

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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