Caritas Dachau:Elternschule für den Alltag

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Mit ihrer Hilfe kommen Eltern und Kinder besser durch den Alltag: Maria Beyer-Dick, Familienpflegerin. (Foto: Toni Heigl)

Die Familienpfleger erklären, wie man kocht, Ordnung hält und Kinder versorgt. Weil der Unterstützungsbedarf steigt, wird das Haushalts-Organisations-Training weiter ausgebaut.

Von Petra Schafflik, Dachau

Im Beruf engagiert arbeiten, daneben noch einkaufen, gesunde Mahlzeiten zubereiten, waschen, bügeln, die Wohnung putzen, aufräumen, Ausflüge und Feste planen, Kinder altersgerecht pflegen, kleiden, fördern und in den gemeinsamen Alltag rundherum einbeziehen: Wer "ein kleines Familienunternehmen" managt, weiß um die tägliche Herausforderung. Doch nicht alle Väter und Mütter meistern erfolgreich diese Fülle von Aufgaben. Vielmehr steigt im Landkreis die Zahl der Eltern, "die mit den Basics der Haushaltsführung einfach nicht klar kommen", berichtet Maria Beyer-Dick, die im Caritas-Zentrum den Bereich Familienpflege leitet. Vor zehn Jahren schon initiierte Beyer-Dick deshalb das spezielle Haushalts-Organisations-Training (HOT). Da der Bedarf in der vergangenen Zeit enorm zunimmt, wird die Caritas jetzt in Absprache mit dem finanzierenden Jugendamt die HOT-Kapazitäten aufstocken. "Denn immer mehr überforderte Familien suchen Hilfe."

Nicht nur sozial benachteiligte Eltern brauchen Hilfe

Eines gleich vorweg: Es sind nicht nur sozial benachteiligte Eltern oder überlastete Alleinerziehende, die Unterstützung bei der Organisation ihres Haushalts benötigen. Auch Väter und Mütter mit akademischer Bildung und bürgerlichem Umfeld suchen zunehmend Rat bei Maria Beyer-Dick. Mit der Familiengründung erlebten Eltern oft plötzlich als kaum bezwingbare Riesenherausforderung, was davor wie nebenbei erledigt wurde. Obendrauf komme zum üblichen Haushalt als Zusatzaufgabe die Versorgung und Betreuung der Kinder. "Manche Familien sind mit dieser Situation überfordert, der Überblick fehlt", sagt Beyer-Dick. Doch ohne vorausschauende Koordination und Planung gibt es auch nicht genug Energie und Kapazität für die Gestaltung eines gemeinsamen Familienlebens als "Oase im Alltag".

Die Ursachen für diese Entwicklung liegen für Beyer-Dick auf der Hand: Klassische Haushaltsarbeiten wie kochen, waschen und putzen würden von jungen Frauen wie Männern nicht mehr im Elternhaus erlernt. Und auch anderswo nicht. In den Lehrplänen der Schulen sei Haushaltswirtschaft kaum noch präsent. Dazu kommen gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die den Familien das Leben schwer machten. Schichtdienst, lange Arbeitszeiten und die vom Arbeitgeber geforderte hohe Flexibilität behinderten eine zuverlässige Struktur des Familienalltags. Niedrige Löhne bei hohen Mieten lassen manchen Eltern zudem wenig finanziellen Spielraum. Auch Krisen wie schwere Erkrankungen in der Familie können zu einer akuten Überforderung führen.

Wegen des steigenden Bedarfs wird das Angebot ausgebaut

Unterstützung finden Betroffene beim Haushalts-Organisations-Training. Auf diese Hilfe werden Familien oft vom Jugendamt aufmerksam gemacht, "doch einige melden sich auch aus Eigeninitiative". Immer erarbeitet Maria Beyer-Dick nach einer Bestandsaufnahme für jede Familie einen individuellen Hilfeplan, unterstützt anfangs zweimal die Woche für drei Stunden. So werden die notwendigen Kompetenzen direkt im Haushalt der Familie ganz praktisch vermittelt. Wie lässt sich Ordnung halten? Wo gibt es Stauraum? Wie viel Wäsche braucht ein Kind? Gibt es die richtige Ausstattung in der Küche? Welche Grundnahrungsmittel sollten im Haus sein? Wie schaut ein gesunder, abwechslungsreicher Speiseplan aus? Wie lässt sich der Einkauf zeitsparend und kostengünstig organisieren? Als gezieltes Haushaltstraining ist HOT ein Nischenangebot in der Palette an Unterstützungsangebote im Landkreis. Ein Angebot, das nun wegen des steigenden Bedarfs in Absprache mit dem Jugendamt weiter ausgebaut wird. Denn stabile, entspannte Familienabläufe wirken präventiv, lassen manche Krisen und Erziehungsprobleme gar nicht erst aufkommen, betont Beyer-Dick.

Doch nicht alle Probleme kann HOT lösen. "Jede dritte Familie, die wir betreuen, bräuchte dringend eine größere Wohnung", betont Beyer-Dick. Manche Betroffenen werden auch zusätzlich an Schuldner- oder Erziehungsberatung weiter vermittelt. Doch die 15 Familien, die im vergangenen Jahr mit 1970 Betreuungsstunden unterstützt wurden, haben definitiv profitiert. Dort verfügen Väter und Mütter nun mit effizienter Haushaltsführung über mehr Energie und Zeit, finden Eltern und Kinder bei gemeinsamen Aktivitäten wieder näher zueinander, zum Wohle der gesamten Familie.

© SZ vom 05.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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